In London wird noch über Fotobeweise gestritten

Während die Regierung die Anschuldigungen gegen britische Soldaten für seriös hält, ist ein heftiger Medienkrieg über die Echtheit von Folterbildern entbrannt

DUBLIN taz ■ Es ist eine Glaubensfrage. Seit das britische Boulevardblatt Daily Mirror am Samstag Fotos veröffentlichte, auf denen Soldaten des Queen’s Lancashire Regiment einen irakischen Gefangenen treten, schlagen und auf ihn urinieren, wird eine erhitzte Debatte um die Echtheit der Fotos geführt.

Die Regierung hält die Bilder offenbar für authentisch. Staatssekretär Adam Ingram sagte vorgestern vor dem Unterhaus: „Wir haben die Beschuldigungen von Anfang an ernst genommen und behandeln die Fotos als echt, bis das Gegenteil bewiesen wird.“ Er fügte hinzu, dass derzeit 32 weitere Klagen wegen Misshandlung irakischer Gefangener in Basra untersucht werden. In sieben Fällen kam es zum Tod von Gefangenen. Man dürfe von den Fotos freilich nicht auf die Integrität der Truppen oder gar der gesamten Armee schließen, sagte Ingram.

Das Verhalten des Lancashire-Regiments wird inzwischen auch vor einem Londoner Gericht untersucht. Gestern begann der Prozess, den die Familien von 14 Irakern angestrengt haben, die von britischen Soldaten getötet wurden, darunter auch der Hotelanagestellte Baha Mousa, der im September in Basra vom Queen’s Lancashire Regiment erschossen wurde. Ein Soldat soll angeblich demnächst wegen Totschlags angeklagt werden.

Nicholas Soames, Verteidigungssprecher im Tory-Schattenkabinett, sagte, man dürfe bei der ganzen Aufregung über die Folterfotos nicht die 300 Jahre loyalen und hervorragenden Dienstes vergessen, den das Infanterieregiment geleistet habe. Der den Konservativen nahe stehende Daily Telegraph hält die Bilder für gefälscht. Militärexperten behaupten, die Soldatenstiefel seien falsch geschnürt, für den abgebildeten Militärtransporter vom Typ Bedford MK gebe es gar keinen Kraftstoff im Irak und auch das Sturmgewehr sei im Irak nicht zum Einsatz gekommen. Der Telegraph forderte den Kopf von Piers Morgan, dem Chefredakteur des Mirror, für den Fall, dass sich die Bilder als Fälschung erweisen. Diese Forderung wird inzwischen auch von Tory-Chef Michael Howard unterstützt.

Morgan sagt, man habe in diesem Fall sorgfältig recherchiert. Die Identität der beiden Soldaten, die der Zeitung die Fotos verkauft haben, werde man aber keinesfalls preisgeben. Ein anderer Soldat desselben Regiments bezeichnete die Fotos dem Guardian gegenüber als bisher „größte Rekrutierungsanzeige für al-Qaida“. RALF SOTSCHECK