Cornflakes im Test

Gentechnisch veränderte Organismen zum Selber Basteln: das Critical Art Ensemble im Schauspielhaus

Genfood könnte demnächst Standard in deutschen Supermärkten werden, auf den Äckern macht sich schon jetzt der „BT11“-Mais breit. Der Schweizer Konzern Syngenta hat in dieses Produkt den „Bacillus Thuringensis“ eingeschleust. Der soll die Pflanzen gegen Schädlinge resistent machen, freuen sich die Hersteller. Für die Gegner der gentechnisch veränderten Organismen (GVO) ein Anlass zum Aufschrei, sie warnen vor einem „gentechnischen Tschernobyl“.

Der Verbraucher schlägt sich meist intuitiv und mit hohem emotionalem Einsatz entweder auf die Seite der GVO-Hasser oder der GVO-Liebhaber, und genau an diesem Punkt setzen die Projekte des Critical Art Ensembles an. Die Performer aus den USA fordern Ratio statt Hysterie. Sie wollen mit ihren Installationen und Performances informieren, beispielsweise darüber, was denn dieser ominöse „Bacillus Thuringensis“ überhaupt ist und wie er seinen Weg in den Maiskolben findet.

In konspirativer Atmosphäre wird Steve Kurtz vom Critical Art Ensemble am Sonntag auf der Probebühne des Schauspielhauses das Konzept und die Arbeiten der fünf KünstlerInnen präsentieren, in Form eines Vortrages und einer Diashow. Es war Matthias von Hartz, der den Performer für seine Reihe „go create resistance“ geladen hat. An den Projekten der seit zehn Jahren bestehenden Gruppe interessieren ihn vor allem „die konsequente Beschäftigung mit Biotechnologie jenseits der Panikmache. Die Gruppe verquickt Kunst mit kritischer Theorie. Sie fordert zu einem intelligenten, rationalen Umgang mit der Biotechnologie auf.“

Der Anspruch, Kunst und Wissenschaft, Theorie und Praxis zu verbinden, zeigt sich in den Mitmachperformances. Beispielsweise forderten die KünstlerInnen ihr Publikum in Amsterdam auf, Cornflakes von zu Hause mitzubringen. Die haben sie dann auf GVO getestet. „Raus kam meist etwas anderes als auf der Packung stand“, so von Hartz. Eine andere Performance bietet den Teilnehmern im Labor die Möglichkeit, ein GVO-Bakterium herzustellen. Sie entscheiden selbst, ob sie es dann tatsächlich tun. Parallel eignen sie sich Wissen über dieses Produkt an: über seine bislang bekannten Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit, über die Möglichkeit, damit Geld zu machen.

„Jeder kann sich relativ schnell in die Grundzüge der Gentechnik einarbeiten“, sagt Steve Kurtz. Sein Ensemble will den Teilnehmern die Chance geben, durch direkte Beschäftigung mit der Materie zum reflektierten Bürger zu mutieren, der nicht nur nachplappert, was Autoritäten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik ihm vorbeten. Die multimedialen Installationen des Critical Art Ensembles werfen dabei auch ein kritisches Auge auf die Vertriebswege eines Produkts. Ganz postmodern lautet die Devise: „Wir haben keinen generellen Standpunkt“. SympathisantenInnen und KritikerInnen sind am Sonntag herzlich eingeladen, dies mit Steve Kurtz zu diskutieren. Katrin Jäger

Multimedia Vortrag: „The work of Critical Art Ensemble“, Sonntag, 20 Uhr, go create resistance labor, Probebühne des Schauspielhauses