Sexueller Übergriff im Frauentaxi

Eine junge Frau wurde vom Fahrer eines Frauennachttaxis sexuell genötigt. Das Gericht schenkte ihrer Schilderung Glauben und verurteilt den libanesischen Fahrer. „Sie haben auch dieser Institution Schaden zugefügt“, begründete der Richter den Spruch

Bremen taz ■ „Ich kann mich im Detail daran jetzt nicht mehr erinnern.“ Die junge Frau auf dem Zeugenstuhl spricht leise, wirkt unsicher und ein wenig nervös. Ganz im Gegensatz zum Angeklagten Hassan E., der lauthals kommentiert: „Das muss sie doch noch wissen. Warum sagt sie es denn nicht, wenn sowas passiert ist?“ „Sowas“, das ist laut Anklageschrift „sexuelle Nötigung“. Als Fahrer eines Frauennachttaxis hat Hassan E. seine Kundin am Ende der Fahrt bedrängt, ihr, so das Polizeiprotokoll, „in den Schritt gefasst und an die Brust“. Erst als sie ihn wegstieß und eine – falsche – Telefonnummer angab, ließ er von ihr ab.

Der in Beirut geborene Angeklagte, 43 Jahre alt, stritt gestern vor Gericht alles ab. Die junge Frau sei „total besoffen“ gewesen, schon als sie in Findorff mitten in der Nacht in das Taxi stieg. Nach seinen Angaben hat er sie dann auf Wunsch nach Hemelingen gefahren, wo sie nach ihrem Freund suchte und den Fahrer bat, zu warten. Nach erfolgloser Suche – Sandra Sch. hatte in dieser Nacht Streit mit ihrem Freund gehabt – brachte Hassan E. sie zurück nach Findorff. Dort, so die Darstellung des Angeklagten weiter, habe er ihr aus dem Auto geholfen. Weil sie die Rückfahrt nicht bezahlen konnte, habe sie ihm eine Handy-Nummer gegeben. Von Belästigung oder gar Nötigung könne keine Rede sein.

Das Gericht indes ließ sich davon nicht überzeugen. Es folgte mit seinem Urteil vielmehr der Zeugin, die – sichtlich um Aufrichtigkeit bemüht – in ihrem Gedächtnis kramte und die Vorfälle aus der Nacht zum 7. Dezember 2002 schilderte, so gut sie konnte. Ihrer Formulierung, er habe sie an der Brust und zwischen den Beinen „flüchtig angefasst“ verdankte er es letzlich, dass das Gericht auf sexuelle Nötigung in einem minder schweren Fall befand. Belastend für den Angeklagten war neben dem glaubwürdigen Opfer auch die Tatsache, dass er beim Parken des Taxis in der Straße der Kundin seine Chipkarte herausgenommen hat. Sein Arbeitstag gilt damit in der Taxi-Zentrale als beendet. Zehn Minuten später aber hat er sich auf einem Taxenplatz wieder frei gemeldet. „Das spricht doch sehr dafür, dass sie vor der Wohnung der Frau etwas im Sinn hatten, was mit Taxifahren nur sehr wenig zu tun hat“, so Richter Wienzek.

Staatsanwalt Frank Passade forderte in seinem Plädoyer eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten, die, da Hassan E. nicht vorbestraft sei, zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Als strafverschärfend wertete er den Umstand, dass es sich ausgerechnet um ein Frauennachttaxi handelte. „Da wiegt es umso schwerer, wenn derjenige zum Täter wird, der eigentlich solche Taten verhindern soll.“ Auch der Richter, der sich mit seinem Urteil dem Plädoyer des Staatsanwalts anschloss, nahm noch einmal Bezug auf das Frauennachttaxi: „Sie haben auch dieser Institution Schaden zugefügt“, rügte er den Fahrer. Schließlich nähmen Frauen dieses Angebot nicht nur in Anspruch, weil es günstiger sei, sondern um nachts sicherer unterwegs zu sein.

Hassan E., der als Fahrer beim Bremer „Taxi-Ruf“ registriert ist, hat die Erlaubnis, ein Frauennachttaxi zu fahren, schon vor mehr als einem Jahr verloren, so die Auskunft vom Taxi-Ruf-Vorstand Wolfgang Verbeek. „Sofort, als wir erfuhren, dass gegen ihn ermitelt wird, haben wir das gemacht.“ Von den fast 2.000 gemeldeten Fahrerinnen und Fahrern haben fast 1.500 diese Erlaubnis. Die anderen wollten sie entweder nicht oder bekamen sie ebenfalls entzogen. Nach einem Vorfall im August 2001 ist der Fall Hassan E. nun der zweite innerhalb von fünf Jahren, in dem ein Fahrer wegen sexueller Übergriffe in einem Frauentaxi verurteilt wurde. Elke Heyduck