Niedergang des Hoffnungsträgers

Perus Parlament erzwingt den Abgang des Innenministers. Die Regierung des einst schillernden Oppositionsführers Toledo steht vor dem Aus. Sein Vorgänger Alberto Fujimori darf zwar nicht einreisen, gewinnt aber an Popularität

BERLIN taz ■ Der peruanische Kongress hat am Mittwoch mit 62 zu 39 Stimmen Innenminister Fernando Rospigliosi das Vertrauen entzogen. Anlass war der Vorwurf, nicht rechtzeitig in dem Andenstädtchen Ilave nahe der bolivianischen Grenze eingegriffen zu haben. Dort hatte am 26. April eine aufgebrachte Menschenmenge nach wochenlangen Protesten wegen angeblicher Korruption und schlechter Amtsführung den Bürgermeister Cirilo Robles gelyncht.

Präsident Alejandro Toledo muss innerhalb von 72 Stunden den Rücktritt Rospigliosis annehmen. Toledo verliert damit einen langjährigen Vertrauten. Der Soziologe und Journalist Rospigliosi war im Wahlkampf sein Sprecher und hatte nach der Regierungsübernahme verschiedene strategisch wichtige Ämter inne. Die führenden Kräfte der Opposition, allen voran der charismatische Ex-Präsident Alan García mit seiner Partei APRA sowie die Konservative Lourdes Flores Nano, haben die Gelegenheit genutzt, dem Präsidenten einen weiteren Schlag zu versetzen.

Besonders bitter für Toledo ist, dass auch acht Abgeordnete seiner Regierungskoalition gegen Rospigliosi gestimmt haben. Seit Beginn seiner Amtszeit 2001 hat Toledo mit Streit in den eigenen Reihen zu kämpfen. Seine Partei Perú Posible ist kaum mehr als ein Dach für ebenso ambitionierte wie zerstrittene Politiker und Politikerinnen, die mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen auf die Karte Toledo gesetzt haben. Den Peruanern bietet sich das Bild einer Regierung, in der um Macht und Pfründen gerungen wird und die kaum politische Akzente setzen konnte. Von Aufbruchstimmung und Reformfreude, die Toledo einst als Oppositionellen gegen das Regime seines Vorgängers Alberto Fujimori ins Amt getragen haben, ist keine Rede mehr. Die Popularitätswerte des Präsidenten bewegen sich unterhalb der 10-Prozent-Marke.

Ob Toledo bis zum Ende seiner Amtszeit 2006 durchhält, ist offen. Auf seine Nachfolge haben García und Flores Nano Ambitionen, außerdem ist eine Kandidatur von Valentín Paniagua im Gespräch, der 2000/2001 als Übergangspräsident hohes Ansehen erworben hatte.

In einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage aber führt einer, der gar nicht kandidieren kann: Alberto Fujimori, der nach zehnjähriger Herrschaft im Jahr 2000 nach Japan floh, nachdem ein Korruptionssystem von ungeahnten Ausmaßen öffentlich wurde. Sein altes Erfolgsrezept könnte wieder greifen: das Image der starken Hand gegen das politische Geschacher, gegen das politische System insgesamt. Weder Bestechung und Menschenrechtsverletzungen noch die massiven Eingriffe in Justiz und Pressefreiheit während seiner Amtszeit verhindern, dass er vielen immer noch als der Präsident gilt, der den Terrorismus besiegt und Straßen gebaut hat.

An eine kurzfristige Rückkehr Fujimoris ist nicht zu denken. Er ist japanischer Staatsbürger und wird in Peru von der Justiz verfolgt. Aber seine Popularität ist ein deutliches Warnsignal: Perus parlamentarische Demokratie ist – wieder einmal – in großer Gefahr. ULRICH GOEDEKING