vorlauf
: Titanischer noch als die „Titanic“

„Die Todesfahrt der Goya. Die größte Schiffskatastrophe aller Zeiten“ (20.15 Uhr, ARD)“

Über 7.000 Tote. Fünfmal so viele wie bei der prominentesten Schiffskatastrophe aller Zeiten – dem Untergang der „Titanic“. „Deshalb mussten wir diesen Film machen.“ Die Fernsehchefin des Bereichs Kultur und Wissenschaft beim MDR, Frau Dr. Schreiner, ist auf der Pressekonferenz beinahe erstaunt, dass der Untergang der „Goya“ im gesellschaftlichen Bewusstsein nicht auftaucht.

Vielleicht ist ihr gerade entfallen, dass das Thema „Vertreibung“ vor nicht allzu langer Zeit noch ein Tabu war. Die Menschen, die die „Goya“ am 16. April 1945 mit in ihr kaltes Grab riss, waren Flüchtlinge aus Ostpreußen. Zwar ist deren Geschichte mittlerweile von den Stammtischen der Vertriebenenverbände ins Licht der Öffentlichkeit gerückt, dennoch ist Vorsicht geboten. Auch der MDR fasst die Story wie ein rohes Ei an und zäumt die Dokumentation von hinten auf – als Suche nach dem Wrack der „Goya“. Ulrich Restemeyer ist von Beruf Versicherungskaufmann und Profi-Wracktaucher. Mit seiner Crew macht er sich 58 Jahre nach dem Sinken der „Goya“ auf, um ihre Überreste zu finden. Die Expedition schaut sich kurzweilig an, auch die historischen Exkurse, bebildert mit Archivmaterial und Zeitzeugeninterviews, sind interessant.

Doch dann passieren tatsächlich zwei Ausrutscher: Einer der 173 Überlebenden berichtet, wie die „Russen“ die Flüchtlinge beschossen haben, obwohl sie gesehen hätten, dass das Zivilisten seien. Die Off-Stimme über den Originalaufnahmen aus dem sowjetischen U-Boot, welches die „Goya“ versenken wird, erzählt, dass der Kapitän nervös war, weil er lange keinen Treffer mehr hatte. An diesen Stellen scheint der Film zu vergessen, dass dieser Krieg von deutschem Boden ausging.

Nach ihrer Entdeckung wird die „Goya“ unter Denkmalschutz gestellt werden. So wie auch die anderen Flüchtlingsschiffe, die Restemeyer aufgespürt hat: die „Steuben“ und die „Gustloff“. Letzterer hatte das ZDF eine Dokumentation gewidmet. Auf der Gustloff starben über 9.000 Flüchtlinge. Die „größte Schiffskatastrophe der Geschichte“, meint das ZDF auf seiner Internetseite. SILVIA HELBIG