berliner szenen Im Designer-Outlet

Wüste Wustermark

Die paar Kunden werden mit Handschlag begrüßt. Beim Designer Outlet Center B5, westlich von Berlin auf einem großen Gelände bei Wustermark, herrscht an diesem Morgen kaum Betrieb. Bei Levi’s, dem „Kultlabel für Sie und Ihn“, wie es für die weniger markenbewusste Kundschaft heißt, grabbelt ein übergewichtiger Mittvierziger in einem Stapel „Jeans für 10 Euro“. Ein paar Rentner in blassroten Freizeitwesten und beigefarbenen Hosen, die wie auf dem Wochenmarkt bei einem der vietnamesischen Kleiderhändler gekauft wirken, schlendern über die leeren Gänge des Centers und betrachten nur mäßig interessiert die Auslagen von Jacques Heim Man und Pertti Palmroth, während aus Lautsprechern müde die Hits der Siebziger, Achtziger und Neunziger erklingen.

Selbst in den Shops, in denen Sweatshirts von Fred Perry und Lonsdale für Brandenburgs Jugend auf Vorrat gehalten werden, sind die Verkäuferinnen unter sich. Am Eingang steht auf einer Tafel, dass der Ladenschluss gerade von 20 Uhr auf 19 Uhr verkürzt wurde. Geiz mag geil sein, glamourös ist er auf jeden Fall nicht: Die „neue Sparsamkeit“, an die das B5 seine Kunden in ihrer Werbung erinnert und darum „bis zu 70 Prozent“ Nachlass auf die Produkte „bekannter Markenhersteller“ verspricht, führt offenbar nicht dazu, die Nachfrage nach heruntergesetzter Designermode anzufeuern. Man muss mit dem Auto nicht unbedingt noch eine Runde um die Bürogebäude fahren, die auf dem weiten Gelände gleich hinter dem Outlet Center verzweifelt zum „Kaufen oder Mieten“ angeboten werden, um zu begreifen, dass sich die Einkaufsgesellschaft mit ihrem Zweckoptimismus selbst das Wasser abgräbt. Hinter Wustermark wartet die Wüste.

KOLJA MENSING