heute in bremen
: „Wir wollen provozieren“

Auf dem Marktplatz protestieren „Leichen“ gegen den israelischen Militäreinsatz

taz: Was ist künstlerisch an einer Aktion, bei der sich 600 Menschen in Leichentücher wickeln lassen?

Ebabil, Musiker und Initiator: Mir wurde sogar vorgeworfen, die Aktion sei pervers. Ich fühle mich dadurch bestätigt: Kunst muss provozieren. Die Zahl der Todesopfer wird von den Leuten doch gar nicht mehr richtig wahrgenommen. Sie läuft im Stil eines Aktientickers über den Bildschirm.

Glauben Sie, dass sich genügend Leute beteiligen?

Ich habe eher die Befürchtung, dass es zu viele werden. Die Aktion soll ja nur symbolisch die Anzahl der Toten abbilden.

Kann ich auch mitmachen, wenn ich der israelischen Opfer gedenken möchte?

Das ist nicht die Frage. Die Leute sollen nicht teilnehmen, um den Opfern auf der einen oder anderen Seite zu gedenken. Wer sich auf den Marktplatz legt, setzt ein Zeichen für den Frieden.

Warum richtet sich die Protestaktion dann ausschließlich gegen das „Massaker in Gaza“?

Das sind nur Worte, die dem Ausmaß der Katastrophe überhaupt nicht gerecht werden. Begriffe wirken harmlos, wenn man sich die Tragödie im Nahen Osten anschaut. Wenn sie das als Massaker bezeichnen wollen ...

... der Begriff stammt nicht von mir, den verwenden Sie auf Ihrem Flugblatt.

Ich möchte damit auf das krasse Missverhältnis hinweisen. Mehr als die Hälfte der Toten im Gaza-Streifen sind Frauen und Kinder. Das steht in keiner Relation zu der Zahl der Israelis, die durch die Raketen der Hamas ums Leben kommen.

Auf dem Flugblatt ist nur von Toten in Gaza die Rede. Ist der Protest nicht doch recht einseitig?

Das ist Ihre Interpretation, ich würde nicht auf jedem Wort rumreiten.

Wie wollen Sie verhindern, dass Israel-Flaggen verbrannt werden, wie am vergangenen Wochenende?

Wenn das tatsächlich passieren sollte – was ich mir nicht vorstellen kann – werden unsere Ordner einschreiten. Es soll keinen Hass geben. Das ändert nichts daran, dass ich Israel öffentlich kritisieren darf. INTERVIEW: STH

Aktion: ab 14.30 Uhr, Marktplatz