Die Bundesstadt Bonn bleibt auf ihren Örtchen sitzen

Trotz europaweiter Ausschreibung ist die Privatisierung von elf Bedürfnisanstalten in Bonn gescheitert. Das einzige Angebot wies sogar 59.000 Euro Mehrkosten auf. Der Betrieb dieser Toiletten kostete die Stadt bislang jährlich eine Viertelmillion Euro – das bringt auch Werbung nicht rein

BONN taz ■ Auch bei den in Finanznot geratenen Kommunen ist es zunehmend en vogue, ehemals kostenlose öffentliche Dienstleistungen zu verscherbeln und mit den Einsparungen die Haushaltslöcher zu stopfen. Doch dieser gern begangene „Königsweg“ bringt nicht immer den erhofften Erfolg. Diese bittere Erkenntnis musste man nun in Bonn machen. Hier sollten die „öffentlichen Bedürfnisanstalten“ privatisiert werden. Doch das Vorhaben ist gescheitert.

Nach einer europaweiten Ausschreibung wies das einzige vorliegende Angebot gegenüber dem städtischen Betrieb „Mehrkosten in Höhe von 59.000 Euro“ auf. „Eine qualitative Verbesserung bezüglich Hygiene und baulichem Zustand ergibt sich jedoch nicht“, heißt es in der Sitzungsvorlage des Hauptausschusses von vergangener Woche. Folglich wurde einstimmig entschieden: Das Ausschreibungsverfahren wird aufgehoben.

15 öffentliche Toilettenanlagen bleiben vorerst im Betrieb der Stadt Bonn. Drei weitere an Nahverkehrsbahnhöfen in Beuel, Bad Godesberg und Hardtberg werden geschlossen, da Verhandlungen mit den Stadtwerken zur Kostenübernahme gescheitert sind. Eine endgültige Entscheidung fällt in der Ratssitzung am 13. Mai. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass der Beschluss gekippt wird.

Beschlossen wurde die Privatisierung der Toiletten schon in einer Ratssitzung vom Juli vergangenen Jahres, außerdem die Schließung von neun der ehemals 27 Bonner Örtchen. Begründet wurde der Schritt mit dem Totschlagargument Finanzen. Rund 246.000 Euro hat die Stadt Bonn jährlich in den Betrieb der 11 ausgeschriebenen Toilettenanlagen investiert. Es sei wegen des zunehmenden Vandalismus‘ immer kostenintensiver geworden, die Anlagen zu betreiben, sagt Thomas Böckeler vom Presseamt der Stadt Bonn. Und verweist natürlich auf die allgemeine Finanzmisere in Nordrheinwestfalen – Stichwort: Gewerbesteuerausfälle. Ein Schuh, der in Bonn zur Zeit besonders drückt, nachdem der Stadt vor ein paar Wochen die Hiobsbotschaft ins Haus flatterte, dass man einem lokal ansässigen Telekommunikationsanbieter 135 Millionen Euro Gewerbesteuer zurückzahlen müsse.

Für die Passanten in der Stadt hätte die Privatisierung bedeutet, dass sie nach ihrem Geschäft Geld abdrücken müssen. Denn eine Finanzierung über Werbung – die alleinige Nutzung städtischer Grundstücke für Werbezwecke hat man in Bonn der Deutsche Städte Medien GmbH übertragen – sei nicht möglich, heißt es von Verwaltungsseite. Die Stadt verfügt nicht über ausreichende Werbeflächen.

Die Verwaltung wurde nun beauftragt, weiter nach Einsparmöglichkeiten zu suchen. Einen „Lichtblick“ gibt es: Mit der Bebauung des Bahnhofsvorplatzes wird die Toilette im Bonner Loch Anfang nächsten Jahres geschlossen. Damit fällt die größte und kostenintensivste Anlage weg. Martin Ochmann