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Wirklich stolz

Der Solocellist Hans Wilhelm Kufferath verlässt nach 35 Jahren die Bremer Philharmoniker

„Ich will eigentlich auch noch besser Cello spielen. Das ist ja nie zu Ende.“

Aus Bremen Ute Schalz-Laurenze

Das ist zwar nicht einmalig, aber immerhin sehr selten in der internationalen Orchesterlandschaft: Der 1939 in Oldenburg geborene Hans Wilhelm Kufferath ist seit 35 Jahren erster Solocellist – zunächst des Philharmonischen Orchesters, dann der noch jungen Bremer Philharmoniker.

Im Sommer geht er in den wohlverdienten Ruhestand. Freut er sich? „Nicht nur. Ich hatte zu wenig Zeit Hobbys auszubilden, und deswegen weiß ich nicht so recht, was mich erwartet.“ Was ihn erwartet? „Meine Fossiliensammlung, meine zwei Enkelkinder. Vielleicht will ich noch eine Sprache lernen. Und ich will eigentlich auch noch besser Cello spielen. Das ist ja nie zu Ende.“

Die Bodenständigkeit von Kufferath ist sprichwörtlich. Sein Großvater und sein Vater waren Cellisten im Oldenburger Orchester. Aber Druck von zu Hause gab es nicht, ebenfalls Musiker zu werden. Mit dreizehn fing Kufferath an, Cello zu spielen: „Tendenz: eher lustlos“.

Nicht in der Leistungsmühle „Jugend musiziert“ entwickelte sich Kufferaths Musikliebe, sondern eher in heimlichen Besuchen der Oldenburger Oper, wo er Musik sozusagen tankte und „mit heißen Ohren“ nachhaltig aufsog. „Besonders Wagner“, erinnert er sich, „von Tristan und Isolde konnte ich gar nicht genug kriegen“.

Als die Entscheidung für die Musik gefallen war – zunächst hatte Kufferath Privatmusikerziehung studiert – ging er zu Maurice Gendron nach Saarbrücken, bewunderte Pierre Fournier: „Der Cellist mit dem für mich allerschönsten Ton.“

Kufferath wurde schon zwei Jahre später, 1964, in das Wilhelmshavener Orchester geholt. Nach einer Stippvisite in Oldenburg ging es nach Bremen.

An große Dirigate erinnert er sich, an Paul Kempe und Vaclav Neumann, an Hans Schmidt-Isserstedt, Mario Rossi und Eliahu Inbal. In jüngerer Zeit an Massimo Zanetti, „ein absoluter Lichtblick“. La Traviata mit Pinchas Steinberg: „Der hatte allerdings immer Angst, dass was schief geht“. Seit 1971 spielt er bis heute fast ununterbrochen im Bayreuther Festspielorchester: „Das sind alles solche Könner, dass es kaum noch Proben braucht.“

In den vielen Berufsjahren ist Kufferath in seinem künstlerischem Niveau und seiner Kontinuität für die Bremer eine Institution geworden. Auch durch seine seit 1978 erfolgreich laufende Kammermusikreihe. „Über 200 Konzerte haben wir gespielt, da bin ich wirklich stolz drauf“, sagt der Cellist.

Klangschön und fundiert waren seine vielen Soli, die er in der Oper und im Konzert spielte.

Kufferath ist mit seiner Schwester, der Pianistin Ingrid Kufferath, am 16. Mai mit Musik für Klaviertrio zu hören – im Foyer des Musicaltheaters um 11.30 Uhr. Und am 7. und 8. Juni im Philharmonischen Konzert mit der Solopartie von Richard Strauss‘ Don Quixote. Dass dieses Konzert der unvergessene Peter Scheider – Bremer Generalmusikdirektor von 1978-85 – dirigiert, freut Kufferath ganz besonders.

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