christoph schultheis
: Alt und abgenutzt?

Liebe Medienberichterstattungsexegeten, lasst bitte die Kirche im Dorf: Hier geht’s echt bloß um Hans Leyendecker

Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter, oder es bleibt, wie es ist. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Steter Tropfen höhlt den Stein. Und, ja: Manchmal beschreiben alte, abgenutzte Sprichwörter die Lage.

„Manchmal beschreiben alte, abgenutzte Sprichwörter die Lage“, schrieb Hans Leyendecker am vergangenen Samstag in der Süddeutschen Zeitung. Und dann schrieb der eigentlich ziemlich nette, unbestechliche Herr Leyendecker: „Kinder, lasst die Kirche im Dorf.“

Und warum? Wegen des nun folgenden Bandwurmsatzes – beziehungsweise weil das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vor sechs Monaten mal vier (bzw. fünf) fraglos hübsche Fotos abgedruckt und der meist lesenswerte FAZ-Feuilletonist Niklas Maak den Rest der Seite dementsprechend zugetextet hat, obwohl die fraglichen Fotos, die die Fotografin Taryn Simon da „ausnahmsweise“ hatte „im geheimsten Palast von Havanna“ knipsen dürfen, nicht ganz so exklusiv und einzigartig waren, wie Maak den FAS-Lesern nahe legte, was wiederum schon im Februar vom Focus kurz aufgedeckt und jüngst vom Tagesspiegel-Redakteur Norbert Thomma im Schweizer Nachrichtenmagazin Facts als feuilletonistischer „Mumpitz“ gegeißelt wurde. Kurzum: Die FAS war (siehe taz vom 7. Mai) letzte Woche der Borderline-verdächtigen Berichterstattung überführt und Leyendecker Gast auf einer namhaften Medienparty in Berlin.

Und weil dort offenbar auch die FAS-Sache Thema war, stand anderntags das von der „Kirche im Dorf“ in der SZ. Man könnte auch sagen, der Leyendecker nimmt den gebeutelten FAS-Kollegen in Schutz und gut. Oder auch nicht: „Der Feuilletonist hat“, so Leyendecker weiter, „ein bisschen die Wellen gekräuselt, wie es seines Amtes ist.“ Ein Hammersatz, wenn man’s genau betrachtet! Oder perfide Feuilletonbeschimpfung? Das Feuilleton als journalismusfreie Zone? Nein, schlimmer: „Wenn Journalisten anfangen, die Fehler der anderen mitzuzählen, reicht der Platz in den Blättern nicht mehr“, schreibt der gemeinhin ziemlich investigative Leyendecker außerdem, obwohl das, wie man sieht, doch gar nicht stimmt …

Bezug nehmend auf Tagesspiegel-Chef Giovanni di Lorenzo, der den Facts-Text seines Mitarbeiters so nicht im eigenen Blatt gehabt haben wollte, resümierte Leyendecker übrigens: „Eine Glosse hätte gereicht.“

Na gut. Auch recht. Einverstanden. Zumal wir die Kirche bestimmt nicht ums Dorf treiben wollen.