Meeresschutzkonferenz
: Greenpeace kämpft gegen radioaktive Abwässer

Hummer, verseucht in Sellafield

Den sofortigen Stopp der Einleitung von radioaktiven Abwässern in die Nordsee und einheitliche Rahmenbedingungen zur Errichtung von Offshore-Windparks im Meer forderte gestern Greenpeace. Die Umweltorganisation richtet sich damit an die Konferenz der Oslo-Paris-Kommission OSPAR, bei der sich VertreterInnen von 16 Nordost-Atlantik-Staaten und der EU-Kommission in Bremen treffen.

Jedes Jahr würden drei Milliarden Liter radioaktiv verseuchtes Abwasser ins Meer fließen, sagte Greenpeace-Atomexpertin Susanne Ochse. 90 Prozent davon stammten aus den atomaren Wiederaufarbeitungsanlagen im britischen Sellafield und im französischen La Hague. Ochse verlangte von der OSPAR, „diesen Wahnsinn sofort zu verbieten“ und ergänzte, bei Halbwertzeiten von über 200.000 Jahren sei das von der britischen Umweltministerin vorgeschlagene neunmonatige Moratorium „ein Witz “. Das Meer verdünne zwar das strahlende Wasser, aber die Folgen seien offenkundig: Der EU-Grenzwert für Lebensmittel liege bei 1.250 Becquerel pro Kilogramm, erläuterte die Atomexpertin. Ein Hummer, der in Sellafield aus dem Meer gezogen worden sei, habe eine Spitzenbelastung von 52.000 Becquerel/kg aufgewiesen. Ein norwegischer Hummer brachte es noch auf 270 Bq/kg.

Ochse erinnerte: 1998 habe die OSPAR beschlossen, Atommülleinleitungen „erheblich zu reduzieren“, um bis zum Jahr 2020 eine Konzentration nahe Null von künstlichen radioaktiven Substanzen im Meer zu erreichen. Statt dessen seien die Einleitungen weiter gestiegen. An Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) richtete Ochse die Kritik, dass Deutschland als Kunde von Sellafield und Le Hague mitverantwortlich für das Problem sei.

Um eine Alternative zur Atompolitik geht es bei der Greenpeace-Forderung nach „einheitlichen ökologischen Kriterien für Offshore-Windparks“. Das Problem in Deutschland sei, dass sich zwar die Regierung das Ziel zu Eigen gemacht habe, Kraftwerkskapazitäten durch Offshore-Windenergie zu ersetzen, dafür aber keine Flächen ausgewiesen habe, sagte der Greenpeace-Energieexperte Sven Teske. Im Gegensatz zum Naturschutzbund (Nabu) und zum Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) macht sich Greenpeace für den mit 80 Windmühlen geplanten Windpark Butendiek, 34 Kilometer westlich von Sylt, stark. „Für den Klimaschutz sind Windkraftanlagen auf See unverzichtbar“, sagte Teske. BUND und Nabu sorgen sich dagegen um die Schweinswalbestände und das dort liegende Vogelschutzgebiet. Ohne eine Pilotanlage könne die Auswirkung auf die Meeresumwelt nicht erforscht werden, hält Greenpeace dagegen. Die Begleituntersuchung der gleich großen dänischen Anlage Horns Rev belege, dass Wale, Robben und Vögel während der lärmintensiven Bauphase verschwunden, anschließend jedoch wieder zurückgekehrt seien, sagte Teske.

In den Forderungen nach einheitlichen ökologischen Kriterien für Offshoreanlagen seien sich Greenpeace und die anderen Umweltorganisationen aber „zu 99 Prozent einig“, versicherte Teske. ube