Türkische First Lady auf dem Gaza-Trip

Die Frau macht einen herben Eindruck. Wann immer sie öffentlich auftritt, schaut sie ernst und streng in die Kamera. Und immer ist ihr Kopf vom Türban, dem islamisch gebundenen Kopftuch, eingewickelt.

Emine Erdogan, die Frau des türkischen Premiers Tayyip Erdogan, ist eine muslimische Mustergattin. Verlässlich an seiner Seite hat sie fast ihr ganzes erwachsenes Leben – als junge Frau wurde sie 1978 mit Tayyip Erdogan verheiratet – den vier Kindern und der Karriere ihres Mannes gewidmet. Am kommenden Samstag soll sie erstmals ohne ihn auf der politischen Bühne erscheinen. Anlass sind der Gazakrieg und die Empörung, die die Bilder aus dem von Israel bombardierten Palästinensergebiet in der Türkei hervorrufen. Während ihr Mann mit anderen „Staatenlenkern“ über die Möglichkeiten eines Waffenstillstands diskutiert und dafür türkische Truppen nach Gaza schicken will, hat Emine diverse Präsidentengattinnen aus dem Nahem Osten und Europa eingeladen, um zu erörtern, was die Frauen tun könnten, um ihre Männer zu unterstützen und das Leid der palästinensischen Kinder zu lindern.

Noch ist unklar, wer kommt – doch schöne Bilder für die Fernsehnachrichten wird es allemal geben. Man weiß nicht, ob die Aktion Emines Idee war oder die der Parteizentrale der AKP. Es passt jedenfalls in den Wahlkampf für die Kommunalwahlen im kommenden März, wenn Emine Hanim ihr Herz für die Palästinenser auch öffentlich zur Schau stellt. Denn so wenig die Frauen in der AKP zu sagen haben – bei Wahlkämpfen sind sie mit der wichtigste Faktor.

Es war stets AKP-Taktik, im Wahlkampf Frauen von Haus zu Haus zu schicken, denn wer die Frau erobert hat, hat bald die ganze Familie, erklärte Erdogan in den frühen 90er-Jahren.

Emine hat diese Wahlkämpfe immer unterstützt und sich danach wieder zurückgezogen. Seit ihr Mann im Frühjahr 2003 Premier wurde, tauchte sie in der Presse nur einmal als Urheberin einer politischen Idee auf. Sie soll ihren Mann veranlasst haben, Ehebruch wieder unter Strafe zu stellen. Das führte zu einer Krise mit der EU und wurde fallen gelassen.

Obwohl noch unklar ist, was bei dem Treffen am Samstag herauskommen kann, steht eines fest: Die säkulare Türkei wird sich wieder ärgern, wie sich ihr Land international präsentiert. Denn alle Damen außer Emine Hanim tragen ihr Haar offen. Nicht nur die europäischen Politikergattinnen, sondern auch die jordanische Königin, Frau Assad oder die Damen vom Golf denken gar nicht daran, sich züchtig zu bedecken. In der Runde wird Emine deshalb wieder aussehen wie das Aschenputtel vom Land – ein Graus für die moderne türkische Frau. JÜRGEN GOTTSCHLICH