Die Deutsche Bank will zur Post

Der Vorstand des deutschen Branchenprimus berät über ein Übernahmeangebot für die Postbank. Das stellt deren geplanten Börsengang infrage. Bundeskanzler Schröder unterstützt die Idee. Er will deutsche Banken international weiter vorne sehen

VON HERMANNUS PFEIFFER

Die Deutsche Bank greift nach der Postbank. Gestern tagte der Vorstand, um über das Für und Wider sowie einen möglichen Preis zu verhandeln. Sollte die Postbank ja zu einem Kaufangebot der Großbank sagen, müsste sie ihren für Juni vorbereiteten Börsengang mittendrin stoppen – bislang wollte sie ihre Aktien ab dem 5. Juni zum Kauf anbieten und gut zwei Wochen später an der Börse starten.

Die Postbank ist mit 11,5 Millionen Kunden die größte Privatkundenbank Deutschlands. Ihr Verkauf würde erhebliche Auswirkungen auf die Verbraucher und den Wettbewerb haben.

Die Entscheidung über die Übernahme hängt wohl vor allem vom Preis ab. Der Vorstand des Frankfurter Geldinstituts soll bereit sein, sechs Milliarden Euro zu zahlen – für 100 Prozent der Postbank. Experten halten einen Einstieg der Deutschen Bank nur dann für sinnvoll, wenn Deutschlands größte Bank die volle Managementkontrolle hat und zukünftig über die Strategie der Postbank bestimmen kann.

Mit ihrem Interesse an der Postbank gibt die Deutsche Bank im Nachhinein eigene strategische Fehler zu. In der Vergangenheit hatte der Vorstand viele private Kunden verschreckt. Durch die Übernahme würde sich der Kundenkreis der Deutschen Bank postwendend verdoppeln. Auch der staatlichen Postbank käme der Deal gelegen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) forderte die bundesdeutsche Kreditwirtschaft zu Fusionen auf. „Wir brauchen ein deutsches Institut, das aus Deutschland heraus global agieren und im Wettbewerb mit amerikanischen und auch asiatischen Banken bestehen kann“, sagte Schröder auf dem Sparkassentag. Viel Zeit bleibe dafür allerdings nicht mehr: „Wir müssen in diesem Jahr in die Strümpfe kommen.“

Mit dem Hinweis auf die globale Konkurrenz hatte die rot-grüne Regierung bereits die Aufweichung des Fusions- und Kartellrechts begründet. Was liegt da näher, als den Branchenprimus mit der eigenen Staatsbank aufzupäppeln? Die profitable Postbank – sie macht auf 100 Euro Eigenkapital 11 Euro Profit – gehört der Post, an der wiederum der Bund 62,6 Prozent hält.

Aber auch geschäftlich könnte eine Fusion für die Postbank Sinn machen. Das so genannte Kleine-Leute-Institut ist zwar reich an Kunden, aber arm an Umsatz und Kapital. Ihre Bilanzsumme liegt bei nur 133 Milliarden Euro. Über eine Großbank als Konzernmutter hätte das Institut einen leichteren und flüssigeren Zugang zu den globalen Finanzmärkten.

Der Dreimastsegler „De Liefde“ segelt allerdings immer noch auf Rhein und Main und wirbt für den Börsengang der Postbank, der offiziell noch am 21. Juni erfolgen soll. Konsortialführer ist übrigens die Deutsche Bank. Eine breite Streuung der Aktien unter dem Anlegervolk sollte allerdings nur „voraussichtlich“ erfolgen, hatte Post-Chef Klaus Zumwinkel vor Tagen gesagt und sich damit eine Hintertür offen gehalten, durch die er nun entschlüpfen könnte.

tazzwei SEITE 14