frisches flimmern: Auf Leben und Tod
Zwei Filme erzählen von Protagonisten, die auf ihre Weise auf den kleinen, abseitigen Schlachtfeldern der heutigen Zeit kämpfen.
Krieg
„2LDK“ ist die japanische Bezeichnung für eine kleine Zwei-Raum-Wohnung mit Küche und Bad. Das teilen sich in Tokio zwei grundverschiedene Nachwuchsschauspielerinnen. Die obercoole Lana (Maho Nonami) will keine Pornostreifen mehr drehen. Die eher biedere Nozomi (Eiko Koike) ist gerade erst aus einer Kleinstadt angereist. Beide haben sich um eine Filmrolle in Tokio beworben und warten nun auf einen Anruf des Produzenten. Die anfänglich friedliche Atmosphäre zwischen den Rivalinnen trügt. Die unterschwellig gereizte Stimmung in der Wohngemeinschaft eskaliert und endet in einem tödlichen Kampf. Der Krieg der Zicken wird mit allen Mitteln ausgetragen, die ein gewöhnlicher Haushalt so hergibt, gerne auch mal mit Kettensäge. Nach Regisseur Ryuhei Kitamura (“Aragami“) zeigt Yukihiko Tsutsumi in seinem Kammerspielfilm einen erbitterten Zweikampf auf engstem Raum. Die minimalistische Grundidee zu diesem Kräftemessen der beiden Regisseure entstand in einer durchzechten Nacht. Die zwei Schnellschuss-Beiträge sollen in Rekordzeit entstanden sein. Leider ist der Erzählfluss in beiden Streifen etwas zäh. Die stoffliche Fülle scheint eher für Kurzfilme ausreichend zu sein.
Rebellion
Hans Söllner aus Bad Reichenhall ist Volksmusiker. Doch im Radio wird seine Musik nicht gespielt. Auch das Fernsehen meidet ihn. Das Kino widmet sich nun dem rebellischen Alpen-Rasta, der immerhin einer der erfolgreichsten Liedermacher Bayerns ist. Im Mittelpunkt des Dokumentarfilms „Söllner - Der bayerische Rebell“ von Andi Stiglmayr stehen Söllners andauernde Reibereien mit der Obrigkeit im Freistaat. Er kämpft für Meinungsfreiheit und legalen Haschischkonsum. Auf seinen Konzerten wirft Kiffer Söllner auch gerne mal Joints ins Publikum und zeigt seinen blanken Arsch. Er will den Blick eben breiter machen. Die Staatsmacht kontrolliert ihn dafür ständig. Sein Zwist mit dem bayerischen Innenminister erinnert irgendwie an Herbert Achternbusch, auch wenn er längst nicht so tiefgründig anarchisch ist. Stiglmayr zeigt den aufmüpfigen Alpen-Rasta bei ausverkauften Reggae-Konzerten, Prozessen, Hausdurchsuchungen. Es entsteht ein Portrait des Protestsängers, der in den letzten Jahren zu den am meisten verfolgten Künstlern in Deutschland gehörte. Dabei versteht sich Söllner doch als Volkssänger, als Sprachrohr der schweigenden Masse. Wie heißt es in einem seiner Lieder: „Her nit auf Politiker, wenn‘s bloss appellier‘n, wenn‘s bettl‘n um dei Gunst, weil‘s sunst a wohl verlier‘n.“ STEFAN ORTMANN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen