Great big NO: „Xiu Xiu“ und „Squares On Both Sides“ in der Astra-Stube
: Schlecht geölte Rattenfalle

„Warning! You are leaving the heterosexual sector“, warnte das Musikmagazin Intro, und auch der Spiegel lobte ausdrücklich – hups, Xiu Xiu sind kein Underground-Thema mehr.

Dafür sind die amerikanischen Queer-Rocker aber auch viel zu glamourös. Xiu Xiu (sprich: schu schu) haben all das, wovor uns unsere Eltern immer gewarnt haben: schlonzige Synthie-Pop-Melodien, gepaart mit Volle-Granate-Noise-Einwürfen und einem gespreizten, klagenden Gesang, der so quietscht wie die Tür einer lange nicht mehr geölten Rattenfalle.

Pop ist das kaum mehr, sondern ein peitschendes, deformiertes, sich ständig überschlagendes Votum gegen Gewöhnlichkeit, das sich von den üblichen Rockkategorien von male und female schon lange verabschiedet hat. Klingt so der in Musik gegossene Hysterieanfall eines Hermaphroditen? Manche entdecken in der Band um Sänger Jamie Stewart Splitter von Bronski Beat, Soft Cell, Depeche Mode oder sogar Talk Talk, doch scheinen das nur die netten 80er-Onkels dessen zu sein, was das neue Jahrtausend hervorbringt: Schmerzmusik, grellbuntlackiert, wuchtig und kümmerlich im selben Moment.

„I can stop hating my own heart“ – so schreit eine der versöhnlicheren Xiu Xiu-Zeilen. Zerfaserter Postpunk, Dekaden nach Suicide, The Fall und den Sex Pistols. Hier kommt das ganz große Nein noch einmal. Klingt so das Ende der Welt? Zumindest donnern am Montag die Höllenglocken in der Astra-Stube.

Ein Abend der Gegensätze, denn das einzige, was Xiu Xiu mit Squares On Both Sides verbindet, ist das bayerische Plattenlabel Hausmusik. Wo Xiu Xiu schmerzt, streichelt S.O.B.S. die Wunden. Wo die einen schreien, flüstert das Soloprojekt von Daniel Bürkner, der gerade das Album Croquet veröffentlicht hat. Feinsinnig minimalistisch. Sehr in sich gekehrt. Ganz traurige Wohnzimmermusik mit Schüchtergesang, Gitarrensamt und Pianoperlen für Postrock-Freunde von The Sea And Cake, Tortoise oder Gastr Del Sol.

Du bist so leicht, Du schwimmst sogar in Milch, möchte man dem Solisten zurufen. Doch das wäre viel, viel zu laut. Marc Peschke

Montag, 22 Uhr, Astra-Stube