Trittin: Konzentrieren auf die drei E

Langzeitstudie: 2050 können über 50 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland regenerativ gedeckt werden

BERLIN taz ■ Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat sich wegen des hohen Ölpreises an die Internationale Energieagentur gewandt. „Ziemlich enttäuscht hat er mir erzählt, die gleichen Lösungsvorschläge bekommen zu haben, die er auch von mir immer hört“, erzählte gestern Kollege Jürgen Trittin. Im Berliner Umweltforum stellte er die Studie „Ökologisch optimierter Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien in Deutschland“ vor.

Dabei handelt es sich um die bislang umfassendste Arbeit zum Thema: Drei Jahre lang untersuchten das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart, das Heidelberger ifeu-Institut und das Wuppertal Institut Szenarien, wie sich die deutsche Energieversorgung entwickeln könnte. Ergebnis: 2050 könnten 65 Prozent des deutschen Stromverbrauchs erneuerbar gedeckt werden. Dadurch würden 75 Prozent des Treibhausgas-Ausstoßes gegenüber 1990 vermieden.

„Versorgungssicherheit, Fehlertoleranz, Kosten, ökologischer Ausbau, Anfälligkeit – wir haben den verschiedenen Szenarien eine ganze Fülle von Parametern zu Grunde gelegt“, so Projektleiter Jochen Nitsch vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Ein stark gewertetes Kriterium sei der Klimawandel, den es – wenn schon nicht mehr aufhaltbar, doch wenigstens „in Grenzen zu halten gilt“, so Nitsch. Vom Rohstoffpotenzial her – Wind, Sonne, Biomasse, Erdwärme – jedenfalls ist Deutschland in der Lage, 55 Prozent des gesamten Energiebedarfes erneuerbar zu decken.

Das allerdings kostet zunächst Geld – jährlich 4 Milliarden Euro – wie die Forscher errechneten. Nitsch: „Das klingt nach viel, macht aber nur 2 Prozent der gesamten Energiekosten aus.“ Nach 2020 kehrt sich das Verhälnis aber um. „Ab da wird die Volkswirtschaft jährlich 5 Milliarden Euro sparen“, so der Projektleiter. Denn die meisten erneuerbaren Energien werden in rund 20 Jahren kostengünstiger sein als konventionelle Energien. Von den heutigen Kosten ausgegangen, sind – so die Studie – in zehn Jahren technologische Preisvorteile von bis zu 60 Prozent möglich, bei Photovoltaik gar bis zu 80 Prozent.

„Wir dürfen nicht so tun, als ob ausschließlich mit erneuerbarer Energie alles zu lösen sei“, sagte Trittin. Natürlich müsse auch künftig ein Teil der Energie aus fossilen Brennstoffen gewonnen werden. Allerdings müsse man sich auf die drei E konzentrieren, so Trittin: „Effizienz, Einsparung, erneuerbare Energie. Eben das, was Clement immer zu hören bekommt.“ NICK REIMER

Studie: www.bmu.de