97 Jahre Haft für „Chuckie Taylor“

Sohn des liberianischen Expräsidenten Charles Taylor muss wegen Mordes und Folter hinter Gitter. Es war der erste Prozess wegen im Ausland begangener Folter in den USA

BERLIN taz ■ 97 Jahre muss Charles McArthur Emmanuel, bekannt als „Chuckie Taylor“, in Haft. Der Sohn des ehemaligen liberianischen Präsidenten Charles Taylor und US-Bürger war bereits im Oktober 2008 wegen Mordes und Folter in Liberia von einem Bundesgericht in Miami schuldig gesprochen worden. Jetzt wurde das Strafmaß verhängt. Der Prozess war der erste nach dem US-amerikanischen Torture Victim Protection Act von 1991. Seitdem können US-Bürger, die im Ausland Folter begangen haben, in den USA strafrechtlich verfolgt werden.

Der 31-jährige Emmanuel leitete während der Präsidentschaft seines Vaters zwischen 1997 und 2003 die als „Demon Forces“ bekannte Antiterroreinheit in Liberia. Zeugen berichteten im Laufe des Prozesses von Exekutierungen, Schlägen, dem Zufügen von Verbrennungen mit Zigaretten, heißem Wachs, geschmolzenem Plastik und Eisen sowie siedendem Wasser, von Genitalverstümmelungen und Elektroschocks. Zu Beginn des Prozesses hatten seine Anwälte auf nicht schuldig plädiert und erklärt, die Zeugen hätten die Geschichten über Folter erfunden, um Asyl und finanzielle Entschädigung zu bekommen.

„Die Verurteilung von Chuckie Taylor ist ein Meilenstein im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen weltweit“, sagte Elise Keppler von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in New York. Diesem Prozess müssten weitere folgen, er dürfe kein Einzelfall bleiben, sagte sie der New York Times. „Der Fall hat große Bedeutung für die Opfer in Liberia“, sagte sie.

Geboren in Boston, verbrachte Emmanuel seine Kindheit in Orlando, Florida. Als Teenager zog er zu seinem Vater nach Liberia, wenige Jahre bevor dieser 1997 die Wahlen gewann. Er war zunächst verhaftet worden, weil er im März 2006 mit einem falschen Pass versuchte von Trinidad nach Miami einzureisen.

„Chuckie Taylor“ ist der Erste, der nach internationalem Recht für die Verbrechen in Liberia verurteilt wird. Sein Vater steht seit Juni 2007 vor dem UN-Sondertribunal für Sierra Leone im Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Ihm werden in elf Anklagepunkten Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Er soll in den 1990er-Jahren die Revolutionary Front in Sierra Leone unterstützt haben und damit für deren Kriegsverbrechen verantwortlich sein.

FRAUKE BÖGER