Später Appell an den Bürgerstolz

In der überfälligen Diskussion mit Bürgern über Kölns Bewerbung zur „Kulturhauptstadt Europas 2010“ bemüht Chefkoordinator Ohnesorg das Klischee vom Identität stiftenden Charakter des Doms

Von Oliver Minck

Der Dom, der Rhein – und was noch? Kölns berühmteste Wahrzeichen waren die wichtigsten Argumente, mit denen Franz Xaver Ohnesorg begründete, warum Köln „Kulturhauptstadt Europas 2010“ werden muss. Der Chef-Koordinator der Bewerbung hatte – begleitet von Koordinationsbeiratsmitglied Ulrich S. Soénius – am Donnerstag ins Domforum geladen. Kurz vor der Landesentscheidung zwischen Köln, Essen und Münster am nächsten Donnerstag wollte er das Projekt „Kulturhauptstadt“ doch noch einmal der „breiten Öffentlichkeit“ vorstellen. Die war mit ihren Wünschen, Fragen und Vorstellungen bislang eher außen vor geblieben.

„Der Dom ist für Köln identitätsstiftend“, so Ohnesorg. Natürlich habe Köln aber auch noch viel mehr Facetten. „Wunderbare Einkaufsstraßen“ zum Beispiel, wusste Soénius fachmännisch zu ergänzen. Die Größe und die Geschichte einer Stadt können bei der Kulturhauptstadt-Entscheidung kein Hauptargument sein, bemerkte ein Mann aus dem Publikum. Schließlich seien ja auch „formal deutlich unbedeutendere“ Städte im Rennen. „Richtig“, räumte Ohnesorg ein. Entscheidend seien aber die Kriterien „Nachhaltigkeit“ und der „Mehrwert für die Menschen der Stadt“. Seine Vision: „Köln soll die kinder- und jugendfreundlichste Stadt Europas werden.“ Kulturarbeit sei zugleich Sozialarbeit, sagte er, und Soénius brachte die freien Kölner Künstler ins Spiel, die in der Regel für „trocken Brot“ arbeiteten und für kunstpädagogische Aufgaben gut geeignet seinen.

Was denn real überhaupt machbar sei, wollte eine Frau wissen. Schließlich sei ein Großteil der Offenen Türen schon jetzt dicht gemacht worden. „Wir dürfen den Kopf nicht in den Sand stecken. Eine Stadt, die sich arm gibt, wird auch arm“, bemerkte Soénius. Die Zurücknahme der Vergnügungssteuer bei Konzertveranstaltungen mit Tanz nannte Ohnesorg als Beispiel für „frischen Wind im Denken der Kölner Kulturpolitik“.

Trotz bissiger Kommentare und entnervtem Gestöhne der Zuhörer Im Domforum – mit seinem Appell an den Bürgerstolz erntete ein weiterer Publikumsredner Applaus. 1973 sei er nach Köln gekommen und habe damals eine stolze Stadt erlebt. Im Laufe der Zeit und mit einem Kulturetat von lediglich vier Prozent sei dieser Stolz jedoch nach und nach weggebrochen. Es sei an der Zeit, diesen Stolz wieder zurückzugewinnen – nach dem Motto „Wir nehmen uns das!“