Roh wieder im Amt

Südkorea hat seinen Präsidenten wieder. Amtsenthebung von Roh Moo Hyun im März war verfassungswidrig

TOKIO taz ■ Das südkoreanische Verfassungsgericht hat gestern das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Roh Moo Hyun für ungültig erklärt. Der frühere Menschenrechtsanwalt Roh war am 12. März als erster Präsident Südkoreas vom Parlament mit Zweidrittelmehrheit abgesetzt worden. Interimistisch führte seitdem Premierminister Goh Kun die Amtsgeschäfte.

Im Urteil der Verfassungsrichter heißt es, Präsident Roh habe mit einer Wahlempfehlung für die ihm nahe stehende Uri-Partei das Wahlgesetz verletzt. Laut Gerichtspräsident Yun Young Chul wiege der Verstoß aber nicht so schwer, dass eine Amtsenthebung gerechtfertig sei.

Rohs vorübergehende Absetzung durch die korrupte Oppositionspolitiker stieß bei der Bevölkerung auf heftige Kritik. Nach dem dramatischen Beschluss des Parlaments, bei dem es zu Handgreiflichkeiten unter den Abgeordneten kam, gingen tausende für Roh auf die Straße. Bei den Parlamentswahlen im April erlitt die treibende Kraft hinter dem Verfahren, die konservative Große National-Partei (GNP), beträchtliche Stimmenverluste. Die bis dahin nur kleine präsidententreue Uri-Partei ging als Siegerin hervor und errang die absolute Mehrheit.

Nach der gestrigen Urteilsverkündung durch das oberste Gericht entschuldigte sich die oppositionelle GNP bei der Bevölkerung. „Wir haben den Menschen durch die Amtsenthebung Sorgen und Unannehmlichkeiten bereitet“, sagte Parteichefin Park Guen Hye. Das Urteil wurden von den Anhängern Rohs vor dem Gerichtsgebäude mit Jubel begrüßt: „Wir haben ihn wieder!“, riefen sie. In der Innenstadt von Seoul wurde der Gerichtsbeschluss gefeiert.

Es wird erwartet, dass Roh in den nächsten Wochen sein Kabinett umbildet und dann versprochene Reformen anpackt. Zu seinen größten Herausforderungen gehört die Politik gegenüber Nordkorea und den USA.

MARCO KAUFFMANN