Geschenke statt Überzeugung

In der Dominikanischen Republik will der Sozialdemokrat Hipólito Mejía morgen wiedergewählt werden. Doch die Wirtschaftskrise lässt die Menschen von ihm abrücken

SANTO DOMINGO taz ■ Inmitten einer schweren Wirtschaftskrise sollen morgen rund fünf Millionen Dominikanerinnen und Dominikaner einen neuen Staatspräsidenten wählen. Nach einer der größten Bankenpleiten im Vorjahr und einer damit verbundenen Dollar-Kapitalflucht befindet sich die Ökonomie des Landes auf einer rasanten Talfahrt. Die Preise für Grundnahrungsmittel haben sich zum Teil verdreifacht, die Staatsverschuldung ist in astronomische Höhen emporgeschnellt, während die Einkommen nur geringfügig angestiegen sind.

Die schlechten Wirtschaftsdaten fechten den amtierenden sozialdemokratischen Staatschef Hipólito Mejía nicht an. Er will an seinen überwältigend Wahlsieg von vor vier Jahren wieder anknüpfen und in einer zweiten Amtsperiode die dominikanische Wirtschaft sanieren. Glaubt man den Wahlumfragen, dann wird der 53 Jahre alte Agraringenieur jedoch nicht wieder in den Präsidentenpalast einziehen. Mehr als 50 Prozent der Wähler wollen ihre Stimme seinem politischen Konkurrenten geben, dem Kandidaten der Partei der Dominikanischen Befreiung (PLD), Leonel Fernández Reyna.

Der 50-jährige Jurist hat die Amtsgeschäfte bereits von 1996 bis 2000 geführt. Mit einem neoliberalen Wirtschaftsprogramm bescherte er der Dominikanischen Republik eine Wachstumsrate von 8 Prozent. Daran werde er wieder anknüpfen, verspricht Fernández Reyna und kündigt recht unpopuläre Sanierungsmaßnahmen an, die jedoch den Beifall einer Großzahl der Unternehmer finden – und seinem Wählerzuspruch keinen Abbruch tun.

Der mangelnden Wählergunst versucht der „Schöne von Gurabo“, wie Freund und Feind Staats- und Regierungschef Mejía nennt, mit großzügigen Wahlgeschenken zu begegnen. In den letzten Monaten wurden noch weitere, vor allem Mitglieder der regierenden sozialdemokratischen Partei der Dominikanischen Revolution (PRD), in Regierungsbehörden eingestellt, für die zum Teil noch nicht einmal Schreibtische und Stühle vorhanden sind.

Allein stehenden Müttern hat er eine Anhebung der monatlichen Unterstützung von derzeit rund fünf Euro auf neun versprochen, der Armeesold wurde kräftig angehoben, der Mindestlohn soll nach seinem Wiedereinzug in den Präsidentenpalast um 30 Prozent angehoben werden. Mehrere zehntausend von Motorrädern wurden Anfang des Monats an so genannte Motorradtaxifahrer verteilt, gegen das Versprechen, für Mejía zu stimmen. Unverhohlen forderte ein Regierungsmitglied, „die gebende Hand“ erwarte als Gegenleistung die Stimmabgabe.

Die Anhänger der beiden Hauptmatadoren – der Christdemokrat Eduardo Estrella gilt als Außenseiter – schenken sich nichts. Sechs Personen wurden bei politischen Auseinandersetzungen und Wahlveranstaltungen umgebracht.

Vor zwei Jahren verlor die Befreiungspartei bei den Parlaments- und Kommunalwahlen durch Manipulationen das Bürgermeisteramt der zweitgrößten Stadt des Landes. Alfonso Abreu Collado hofft, dass es in diesem Jahr nicht zu ähnlichen Vorkommnissen kommen wird. Die Nichtregierungsorganisation Participación Ciudadana will mit über 6.000 Freiwilligen die Wahlen überwachen, eine eigene Stichprobenauszählung soll Vergleichszahlen zu den offiziellen Daten der Wahlbehörde verschaffen. HANS-ULRICH DILLMANN