Ausgestoßen und lebenslang gezeichnet

Weit über zwei Millionen Afrikanerinnen leiden lebenslang an den Folgen einer schweren und langen Geburt

Ein chirurgischer Routineeingriff, der zwischen 100 und 400 US-Dollar kostet, könnte Millionen afrikanischer Frauen, die nach einer langen und schweren Geburt an einer Fistel leiden, lebenslängliche physische und psychische Qualen ersparen. Weil aber Geld und Ärzte fehlen, mobilisieren der von den USA boykottierte UN-Bevölkerungsfonds (UNFP) und die internationale Hilfsorganisation „EngenderHealth“ derzeit die Weltöffentlichkeit und fordern Hilfe.

EngenderHealth ist eine weltweit in 80 Ländern arbeitende Organisation, die sich um Familienplanung kümmert. In ihrer jetzt in New York vorgelegten Studie werden die so genannte Blasen-Scheiden- und Mastdarm-Scheiden-Fisteln als „die schwerwiegendste aller durch Schwangerschaft und Geburt verursachten Behinderungen“ bezeichnet. Weiter heißt es: „In Afrika südlich der Sahara kommen alljährlich 100.000 neue Krankheitsfälle hinzu.“

Zu den gefürchteten Fisteln kommt es, wenn im Verlauf einer langen Geburt durch den Druck Schleimhäute im Unterleib der Frau beschädigt werden. Die zerstörten Zellen sterben ab und hinterlassen schmerzende Löcher, Fisteln genannt, durch die Urin und Exkremente unkontrolliert austreten können. Wenn Frauen ohne Hilfe ihre Kinder zur Welt bringen, bleibt der Schaden zunächst unbemerkt. Aber auch eine Operation ist für die meisten betroffenen Afrikanerinnen unerschwinglich. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte bereits in den 80er-Jahren die Zahl der betroffenen Afrikanerinnen auf 2 Millionen geschätzt.

Bei UNFPA hält man diese Zahl für zu niedrig. Sie berücksichtige nur die Frauen, die sich in medizinischen Einrichtungen behandeln ließen. Allein in Nigeria könne es bis zu 1 Million Frauen geben, die an einer Fistel leiden, vermuten die Experten des UN-Bevölkerungsfonds.

„Frauen, die mit einer Fistel leben müssen, sind lebende Indikatoren eines gescheiterten Gesundheitssystems“, kritisierte die Vorsitzende von EngenderHealth, Amy Pollack. „Fast alle müssen ihr Baby ohne medizinische Hilfe zur Welt bringen. Ihre Wehen können tagelang dauern, und oft überlebt das Kind die Geburt nicht.“ Die Studie geht auch auf die sozialen Folgen ein: Betroffene werden häufig vom Ehemann oder von anderen Familienmitgliedern verstoßen. IPS