„Gemocht hat sie uns nie...“

Mitarbeiter der wegrationalisierten Geschichtswerkstätten melden Protest an – sie vermuten Ressentiments der Kultursenatorin Dana Horáková als Grund für das drohende Aus

von CHRISTINE KEILHOLZ

Mit der Kultursenatorin Dana Horáková selbst wollen sie gar nicht mehr reden. Dana Horáková hat den Mitarbeitern der 14 Geschichtswerkstätten ihr baldiges Aus erst mitgeteilt, nachdem es bereits groß in der Bild-„Zeitung“ stand. „Wir hoffen, dass der Kulturausschuss, die Bürgerschaft und der Senat unsere Arbeit mehr wertschätzen und den Vorschlag der Kultursenatorin nicht mittragen werden“, so lautete der einheitliche Tenor bei der Krisensitzung im Stadtteilbüro St. Georg. Neben dieser wenig kulturvollen Praxis erregte auch die Beileidsbekundung der Senatorin empfindliche Empörung in der Runde: Sie hoffe darauf, dass durch zusätzliches ehrenamtliches Engagement „die Arbeit zumindest teilweise fortgeführt werden kann“.

„Der blanke Hohn“, entsetzte sich Michael Joho, einer der Gründer der Hamburger Geschichtswerkstätten. „Sämtliche Aktivitäten der St. Georger Geschichtswerkstatt laufen ehrenamtlich. Insgesamt beschäftigen wir rund 200 Ehrenamtliche. Wie sollten wir noch mehr Kräfte mobilisieren, wenn wir unsere Räumlichkeiten nicht mehr halten können“. Denn der Hauptanteil der spärlichen Mittel, mit denen die Geschichtswerkstätten haushalten müssen, geht nicht für Personalkosten, sondern für Miete drauf.

„Es ist sehr unwahrscheinlich, dass in der nächsten Zeit ein Mäzen vom Himmel fällt“, sagt Michael Sandmann vom Stadtteilarchiv Ottensen. Aber ein Mäzen wäre dringend nötig, um die Arbeitsplätze von Sandmann und seinen zwei Kollegen zu erhalten, falls die Etatstreichung tatsächlich durchgesetzt würde.

Dabei geht es um gerade 500.000 Euro, die die Kulturbehörde einsparen will, indem sie die Mittel für die Werkstätten streicht. „Der Betrag fiele sicher nicht ins Gewicht, wenn bei allen kulturellen Institutionen ein bisschen gekürzt würde“, empört sich Joho. Aber für die Geschichtswerkstätten handelt es sich um den Gesamtetat, der seit Mitte der 90er Jahre bei 500.000 Euro eingefroren ist.

Dies und die Tatsache, dass die Kulturbehörde als einziges Ressort im kommenden Haushaltsjahr mit einer Etaterhöhung bedacht wird, erweckt in Joho den Eindruck einer gezielten Kampagne gegen die Einrichtungen. Dieser Entschluss wurde nicht aus finanzieller Not gefasst, meint auch Michael Sandmann vom Ottenser Archiv: „Eine einzigartige und willkürliche politische Entscheidung, denn keine andere Kultureinrichtung ist derart ins Fadenkreuz der Senatorin geraten, dass sie restlos liquidiert werden soll.“ Michael Joho wirft Dana Horáková „völliges Unverständnis für die Vielfalt der Hamburger Kulturlandschaft“ – beschämende Ignoranz zugunsten einer „Kommerz- und Eventkultur“. Sein Fazit: „Sie hat uns nie gemocht!“

Somit soll für Hamburg eine Geschichte enden, die sich seit Ende der 70er Jahre über die gesamte Bundesrepublik ausgebreitet hat. Zerschlagen werden soll eine gut funktionierende Institution, die in zwanzig Jahren Arbeit gewachsen ist.

Seit die schockierenden Sparpläne am Mittwoch bekannt wurden, sind bei Michael Joho Stapel von Solidaritätsbekundungen eingetroffen. „Wir sind nicht damit einverstanden, wie die kulturpolitische Führung dieser Stadt mit anerkannten und verdienten Einrichtungen umgeht“, so Greta Rambartz vom Bramfelder Stadtteilarchiv. „Wir fordern den Senat auf, dafür zu sorgen, dass diese Arbeit fortgesetzt werden kann.“