Adieu, Serge

Mehr als „Je t‘aime“: Jane Birkin präsentiert in der Musikhalle ihre liebsten Gainsbourg-Kompositionen – in orientalischem Gewand

von BARBARA SCHULZ

Nein, keine Angst, ich werde nicht über ihre Zähne schreiben wie andere AutorInnen. Und auch nur geizig Worte verlieren über „Je t‘aime, moi non plus“, DEN Titel des wildesten Traumpaares der Swinging 60s, 70s und 80s und den gleichnamigen Film von 1975 mit sexy Joe Dalessandro als homosexuellem Lastwagenfahrer und Jane Birkin als androgynem Teenie. Oder den Film Swimming Pool mit Romy Schneider und Alain Delon. Oder Don Juan 73, in dem sie die Geliebte von Brigitte Bardot spielte.

Jane Birkins Bio ist so viel spannender. Im November 1991, kurz nach dem Tode Serge Gainsbourgs, erklärte sie: „Ich bereite mich darauf vor, nie wieder zu singen. Mit jemand anderem aufzunehmen kann ich mir nicht vorstellen.“ Allerdings ließ sich die damals angesetzte Tournee nicht mehr absagen, so dass Jane Birkin singen musste. Im Jahr darauf brach sie dann doch ab, legte im Francofolies in La Rochelle ihr Mikrofon auf den Boden und verabschiedete sich.

In den folgenden Jahren lebte Birkin zurückgezogen in Paris, kümmerte sich um ihre Familie – ihre drei Töchter Kate, Charlotte und Lou, die alle drei verschiedene Väter haben, sind ebenfalls künstlerisch tätig: Kate in der Mode, Charlotte in der Schauspielerei, Lou als Model und Schauspielerin. Birkin schrieb Theaterstücke und Filmscripts, drehte einen Spielfilm, Oh! Pardon tu dormais?, und widmete sich ihrer Arbeit bei amnesty international. Sie engagierte sich gegen die Diskriminierung illegaler Migranten und drehte Kurzfilme zum Thema Kriegsgefangene und AIDS.

Im September 1994 kehrte Birkin, die ihren ersten Auftritt als Sängerin 1987 mit 31 Jahren im Pariser Le Bataclan absolvierte – da sang sie bereits seit 20 Jahren –, zurück auf die Konzertbühne und gastierte exklusiv im Londoner Savoy. Sie brach ihr Versprechen und sang die Lieder, die ihr Gainsbourg auf den geliebten Leib geschneidert hatte. Das englische Publikum war gerührt und schloss seine „kleine Engländerin“, die so lange in Frankreich gewesen war, schnell wieder ins Herz. Danach spielte Birkin am Londoner National Theatre eine der Hauptrollen in Euripides‘ Tragödie Die Troerinnen und in diversen Filmen.

1995 dann kam Version Jane heraus, ein Album voller Gainsbourg-Klassiker, die Jane Birkin unter anderem von Goran Bregovic und Les Négresses Vertes interpretieren ließ. Der Erfolg des Albums und die hartnäckigen Bitten vieler Fans veranlassten Birkin, wieder Konzerte zu geben. 1998 schien sie das Buch Gainsbourg jedoch endgültig zu schließen: Ihr Album A la légère enthielt keinen einzigen Gainsbourg mehr, sondern Lieder von französischen Pop- und Rock-Größen wie Françoise Hardy, Etienne Daho und der Songwriterin Zazie, aber auch von dem großen HipHopper MC Solaar, dessen Wortspielereien manchmal mit den Gainsbourg‘schen verglichen werden – womit er also doch wieder von der Partie war, irgendwie.

1999 brachte Jane Birkin Oh! Pardon tu dormais dann auf die Bühne, im darauf folgenden Jahr spielte sie in Montreux beim Jazz Festival, danach wieder in Filmen. 2002 schließlich nahm sie ihr aktuelles Werk Arabesque auf, das die Frau mit dem lebensfrohesten Lächeln der Welt jetzt in der Musikhalle vorstellen wird. Darauf präsentiert sie ihre Lieblings-Gainsbourg-Kompositionen in stark orientalisch geprägtem Gewand. Live mit von der Partie sind der Violinist Djamel Benyelles, der Percussionist Aziz Boularoug, Fred Maggi am Klavier und Amel Riahi el Mansouri an der Laute.

Als nächstes, so ist zu hören, plant Jane Birkin übrigens ein Album mit eigenen Texten. Nun also ein weiterer Abschied vom großen G. – oder der endgültige? Man wird sehen ...

Sonnabend, 20 Uhr, Musikhalle