Mythos teurer Ökostrom

Energie aus Schönau und von Lichtblick ist teils preisgünstiger als Yello. Bei herkömmlichen Stromanbietern muss der Kunde die teuren Strukturen des Exmonopolisten mit bezahlen

BdE: „Yelloist nichtmehr preisgünstig,sondern teuer“

Längst zählen einige Ökostromhändler zu den billigsten Anbietern in Deutschland. Dennoch lebt der Mythos vom stets notwendigen Preisaufschlag zu Gunsten der Umwelt fort – fatalerweise auch verbreitet von manchen Freunden der erneuerbaren Energien.

Wer sparsam mit Strom umgeht – und das tun bekanntlich jene Kunden, die den Schutz der Umwelt ernst nehmen – kann durch den Wechsel zu einem Ökostromanbieter tatsächlich Geld sparen. Das liegt schlicht daran, dass Ökostrom von manchen Anbietern zu geringerem monatlichem Grundpreis angeboten wird. Die etwas teureren Kilowattstunden werden dadurch mehr als kompensiert.

Beispiel: ein Haushalt mit 1.500 Kilowattstunden Jahresverbrauch. Das kann ein Single-Haushalt sein, aber auch ein sparsamer Zwei-Personen-Haushalt. Bezieht dieser Haushalt nun Ökostrom von den „Stromrebellen“ aus Schönau, so kostet ihn das 304,50 Euro im Jahr. Nur unwesentlich teurer ist der Hamburger Ökostromanbieter Lichtblick mit 309,30 Euro. Damit sind die beiden Öko-Angebote billiger als der „Normalstrom“ ehemaliger Monopolisten: Bei den HEW in Hamburg kosten 1.500 Kilowattstunden 319,50 Euro (HEW Classic), bei der Bewag in Berlin müssen 312,93 Euro (BerlinKlassik) bezahlt werden. Die EnBW-Tochter Yello, der noch immer das Image des Billiganbieters anhängt, verlangt unterdessen in Berlin 324,15 Euro, in Hamburg 328,05 Euro und in Frankfurt sogar 344,10 Euro. „Yello ist nicht mehr günstig, sondern teuer“, urteilte jüngst der Bund der Energieverbraucher.

Aber es gibt natürlich auch nach wie vor Ökostrom, der teurer ist als der so genannte Egalstrom. Bei der Firma Naturstrom etwa kosten 1.500 Kilowattstunden im Jahr 377,85 Euro, bei der NaturEnergie 350,61 Euro. Und auch Greenpeace-Energy liegt mit 370,20 Euro im oberen Segment. Die Gründe für die höheren Preise sind unterschiedlich.

Bei Greenpeace-Energy ist der Aufschlag unter anderem dadurch bedingt, dass das Unternehmen bei seinen Kraftwerken aus politischen Gründen das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nicht nutzt – so müssen die Greenpeace-Energy-Kunden zusätzlich jene Kosten tragen, die üblicherweise auf die Gesamtheit aller Stromverbraucher umgelegt werden.

Zudem hat das Unternehmen einen Anteil von mindestens einem Prozent Photovoltaik im Mix, und es bezieht den Strom, wie Geschäftsführer Robert Werner sagt, „nur aus Neuanlagen, die ab dem Jahr 2000 gebaut wurden“. Das ist teurer als der Bezug aus Altanlagen, die oft schon großteils abgeschrieben sind. Die NaturEnergie unterdessen muss das Sponsoring des Fußball-Bundesligisten SC Freiburg refinanzieren, das jährlich einen Millionenbetrag verschlingt. Andere müssen solche Kosten nicht tragen. Und so liegen auch bei einem Jahresverbrauch von 2.000 Kilowattstunden – womit ein sparsamer Drei-Personen-Haushalt gut leben kann – die beiden Anbieter Lichtblick (388,80 Euro) und Elektrizitätswerke Schönau (EWS, 393 Euro) vorne. Yello bleibt mit 403,80 Euro pro Jahr (für Kunden in Berlin) teurer.

Für sparsame Kunden sind die Schönauer nahezu unschlagbar, denn mit 3,25 Euro Zählergebühr pro Monat bieten die EWS zu den geringsten Fixkosten an. „Unsere Preisstruktur hat einen politischen Hintergrund“, sagt Martin Halm, Geschäftsführer der EWS: „Mit einer niedrigen Grundgebühr und dafür höheren Kilowattstundenpreisen belohnen wir das Stromsparen.“ Alles andere wäre aus Schönauer Sicht auch unglaubwürdig. Denn die EWS gingen aus einer Bürgerinitiative gegen Atomkraft hervor, die in den 80er-Jahren mit Stromsparwettbewerben anfing und später das örtliche Stromnetz übernahm.

Doch von politischen Preisen allein kann kein Stromversorger leben. Und so muss es für die günstigen Tarife einiger Ökostromfirmen noch andere Gründe geben: zum Beispiel die kosteneffiziente Betriebsführung. „Schauen Sie sich die Prachtbauten der großen Konzerne an – das Geld muss ja irgendwo herkommen“, sagt EWS-Geschäftsführer Halm. Sein Unternehmen ist in einem unscheinbaren Häuschen im Zentrum der 2.500-Seelen-Gemeinde Schönau untergebracht. Das ist nicht nur preisgünstig, sondern verschafft einem Ökoanbieter auch Glaubwürdigkeit.

Und dann sind natürlich die Werbe- und Marketingkosten entscheidend, die am Ende stets von den Kunden getragen werden müssen. „Unser Marketingetat liegt pro Kunde ganz erheblich niedriger als jener von Yello“, sagt Gero Lücking von Lichtblick. Die Ausgaben erreichen pro Kunde nur wenige Prozent des Yello-Etats. Bei den EWS wird noch sparsamer gewirtschaftet: „Wir setzen auf Werbung durch Kunden“, sagt Geschäftsführer Halm. Beide Unternehmen haben damit großen Erfolg: Die EWS versorgen inzwischen 20.000 Kunden, Lichtblick sogar 85.000.

Der Stromeinkauf selbst, sagt Lichtblick-Sprecher Lücking, sei natürlich für einen Ökostromhändler teurer. Doch beim Kunden komme dieser Aufpreis nicht oder allenfalls teilweise an, sofern der Ökostromhändler effizient wirtschafte: „Wir sind ein junges Unternehmen mit schlanker Struktur – wie müssen keinen solchen Wasserkopf finanzieren, wie viele andere Stromversorger.“ Zudem seien bei den Ökostromhändlern die Margen geringer als in der klassischen Stromwirtschaft.

Und so kann es nicht verwundern, dass die etablierten Stromkonzerne, wenn sie als zusätzliches Produkt Ökostrom verkaufen, diesen stets teurer anbieten als ihren üblichen Mix. Denn dann muss der Kunde beides bezahlen: sowohl die höheren Beschaffungskosten für den umweltgerecht erzeugten Strom, als auch die teuren Strukturen des Exmonopolisten.

Doch nicht allein die faktischen Kosten sind die Ursache für den Öko-Aufschlag, den die klassischen Versorger allesamt erheben. „Da steckt auch viel Ideologie dahinter“, weiß Lücking. Denn mit ihrer Preisstruktur wollten die Unternehmen suggerieren, dass Ökostrom zwangsläufig teurer sein müsse: „Da schwingt immer mit, dass nur mit Kohle und Atomkraft eine preisgünstige Versorgung möglich ist.“ BERNWARD JANZING