Die Anstalt wird zur Agentur

Koalition einigt sich auf den letzten Teil des Hartz-Konzepts. Arbeitslosenhilfe wird auf Niveau der Sozialhilfe abgesenkt. Wer eine Beschäftigung ablehnt, muss mit Sanktionen rechnen. Job-Center sollen für eine wirksame Vermittlung sorgen

von ANDREAS SPANNBAUER

Die rot-grüne Koalition will die Arbeitslosenhilfe künftig auf das Niveau der Sozialhilfe absenken. Darauf haben sich Experten der Fraktionen von SPD und Grünen, der SPD-geführten Länder und des Bundeswirtschaftsministeriums geeinigt. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Klaus Brandner, sagte gestern, die neue Leistung mit der Bezeichnung „Arbeitslosengeld II“ werde in Zukunft auf der Höhe der heutigen Sozialhilfe liegen. „Die Vollendung der größten Arbeitsmarktreform in Deutschland ist damit eingeleitet“, erklärte Brandner.

Bei dem jetzt vorgelegten Eckpunktepapier handelt es sich um die letzten Teile des so genannten Hartz-Konzepts zur Reform des Arbeitsmarkts. Demnach erhalten künftig alle Erwerbsfähigen im Alter zwischen 15 und 65 Jahren Arbeitslosengeld II. Die neue Leistung wird weit gehend pauschaliert sein. Im Unterschied zur Sozialhilfe werde sie aller Voraussicht nach nicht nach Wohnkosten und Haushaltsregelsätzen aufgeteilt, hieß es aus Kreisen der Koalition. Der Übergang vom Arbeitslosengeld in die neue Leistung soll durch Zuschüsse abgemildert werden. Diese sind auf zwei Jahre begrenzt und werden nach einem Jahr halbiert; bei Alleinstehenden dürfen sie nicht mehr als 160 Euro im Monat betragen. Die Übergangshilfe beträgt zwei Drittel der Differenz aus dem zuletzt bezogenen Arbeitslosengeld und der neuen Leistung. Das Einkommen des Ehepartners wird für die Bemessung der Ansprüche herangezogen. Diese Berechnung soll künftig nach der bisherigen Regelung für Sozialhilfeempfänger erfolgen.

Auch der Druck, eine Arbeit anzunehmen, steigt. Bei Ablehnung einer zumutbaren Erwerbstätigkeit wird die Leistung künftig um 30 Prozent gekürzt. Jugendliche unter 25 Jahren erhalten drei Monate lang überhaupt kein Geld, falls sie ein Jobangebot ablehnen. Auch allein erziehende Empfänger von Arbeitslosengeld II gelten künftig als voll erwerbsfähig. Die Job-Center sollen ihnen bei der Suche nach Kinderbetreuung behilflich sein. Zumutbar sind alle Jobs, bei denen der Verdienst über der staatlichen Unterstützung liegt.

Die Vermittlung der Arbeitslosen wird künftig in so genannten Job-Centern erfolgen. „Die Job-Center werden größere Entscheidungsfreiheit bekommen“, sagte die Sozialexpertin der Grünen, Thea Dückert. Ein Vermittler soll künftig nicht mehr als 75 Arbeitssuchende betreuen.

Darüber hinaus soll die bisherige Bundesanstalt für Arbeit in eine „Dienstleistungsagentur“ umgebaut und in „Bundesagentur für Arbeit“ umbenannt werden. Geplant ist eine weit gehende Vereinfachung von Vorschiften, etwa bei der Leistungsvergabe. Dadurch sollen rund 10.000 Angestellte der heutigen Bundesanstalt künftig in der Vermittlung statt in der Verwaltung eingesetzt werden, sagte der sozialpolitische Sprecher der Grünen, Markus Kurth.

Die Gesetzesentwürfe zur Modernisierung des Arbeitsmarkts sollen im September im Bundestag beraten werden und im Januar 2004 in Kraft treten.