Bürger begehren gegen Bebauung auf

Seit Samstag werden in Bonn Unterschriften für ein Bürgerbegehren gesammelt. Initiativen wollen so den Bau einer Einkaufsmeile vor dem Hauptbahnhof verhindern. Allein am ersten Tag kamen 1.060 Unterschriften zusammen

BONN taz ■ Die „Aktionsgemeinschaft Bahnhofsvorplatz“ macht Ernst. Am Samstag startete sie ihr Bürgerbegehren gegen die Bebauung des Bonner Bahnhofsvorplatz, mit dem sie erreichen will, „dass die Verhandlungen über die bisherige Planung zur Bebauung des Bahnhofsbereiches gestoppt werden und seine Neugestaltung öffentlich neu ausgeschrieben wird“.

Für den Bereich zwischen dem Bonner Busbahnhof und der Thomas-Mann-Straße plant der Düsseldorfer Investor Brune den Bau einer riesigen Einkaufsmeile (taz berichtete). Ein entsprechender Ratsbeschluss war für den 13. Mai geplant, wurde aber verschoben. Denn nach einer turbulenten Bürgerversammlung sahen Politik und Verwaltung, vorneweg Bonns Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD), auf einmal Nachbesserungsbedarf. Grundsätzlich halten jedoch sowohl die Verwaltungschefin als auch SPD, CDU und FDP an den Plänen fest.

Strikt gegen die Pläne sind die Grünen und der Bürgerbund. Um das Vorhaben zu verhindern, haben sie sich zur „Aktionsgemeinschaft Bahnhofsvorplatz“ zusammengeschlossen, der außerdem der Arbeitskreis zur Erhaltung des historischen Stadtbildes, der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC), der Unesco-Club Region Bonn, der Verein „Mehr Demokratie“ sowie Bürger und Einzelhandelsvertreter angehören.

Allen gemeinsam ist das kategorische „Nein“ zur Planung. Ihr Hauptkritikpunkt: Das künftige Gebäude rücke zu nahe an den Bahnhof heran. Dadurch entstehe eine erdrückende und wenig einladende Straßenschlucht und der Verkehrsfluss im entstehenden Nadelöhr sei nicht mehr gewährleistet. Gemeinsam fordern sie genügend Freiraum, insbesondere für den Bereich zwischen Bahnhofsgebäude und Fußgängerzone.

Ansonsten gehen die Motive für die Ablehnung der Bebauungspläne auseinander. Städtebauliche Bedenken führt Olga Sonntag an, die Vorsitzende des Arbeitskreises zur Erhaltung des historischen Stadtbildes: „Das Gebäude soll in die historische Innenstadt passen“. Die Fraktionssprecherin der Grünen, Dorothee Pass-Weingartz, sorgt sich hingegen um die „Verschlechterung des ÖPNV“ und die Situation der Radfahrer. „Öffentlicher Grund wird an Investoren verschenkt und zu Privatbesitz gemacht“, ärgert sich Brigitte Schöck von der Aktionsgemeinschaft. Sie befürchtet, dass „das Gebäude nachts abgeschlossen und von Schwarzen Sheriffs bewacht wird“, den Bürgern somit ihr „Eigentum“ weggenommen wird. Eine Entwicklung, die auch Will Cremer vom Verein „Mehr Demokratie“ für „höchst bedenklich“ hält. „Wir machen mit, weil wir einerseits die Argumente unterstützen und weil es sich um ein Bürgerbegehren handelt“. Derartige Initiativen entsprächen der Zielsetzung seines Vereins, der sich für die Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene einsetzt.

„Überwältigend“ nennt Pass-Weingartz die Resonanz am ersten Tag des Bürgerbegehrens: 1.060 Menschen hätten allein am Samstag das Bürgerbegehren unterzeichnet. Gelingt es der Initiative, 9.000 Unterschriften zu sammeln, kommt es zum Bürgerentscheid, wenn die Stadt die Bebauungspläne nicht stoppt.

Martin Ochmann