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Unbekannte Prominente

Heute war’s Johann Lafer. Der penetrant grinsende Fernsehkoch zog einen Rollkoffer, auch Hackenporsche genannt, in Richtung S-Bahnhof Potsdamer Platz. Als ich zum Überholen ansetzte, konnte ich nicht übersehen, dass sich in Lafers Schnurrbart graue Haare verlieren, die im Fernsehen nie zu sehen sind. Als ich dann überholt hatte, bemerkte ich, dass Johann Lafer nur ein vermeintlicher Johann Lafer war.

Ich habe ein Geständnis zu machen: Seit ich hin und wieder am Potsdamer Platz arbeite, neige ich dazu, Prominente zu sehen, wo gar keine sind. Am Tag zuvor radelte Quentin Tarantino im gediegenen grauen Anzug den Teich hinter dem Marlene-Dietrich-Platz entlang, legte sich gewagt in die Kurve und bog in die Eichhornstraße ab. Ich bin dann ins CinemaxX gegangen, „Kill Bill Vol. 2“ ansehen. Man muss dem Schicksal vertrauen.

Leider ist es nicht immer so leicht auszumachen: Was fängt man beispielsweise an, wenn plötzlich Jürgen Fliege vor einem ins Filmmuseum huscht? Lieber nicht drüber nachdenken. Dieter Kosslick sieht man übrigens öfters, aber der ist echt.

Vor einer Woche dann sah ich Frauke Ludowig. Während ich noch darüber nachdachte, wer Frauke Ludowig eigentlich war, und mich schließlich mit mir selbst darauf einigte, dass sie wohl – wenn ich es nicht wirklich weiß – eine Fernsehmoderatorin sein muss, fiel mir auf, dass ich Frauke Ludowig mit ziemlicher Sicherheit noch nie in meinem Leben gesehen hatte und also gar nicht wissen kann, wie Frauke Ludowig aussieht. Langsam mache ich mir Sorgen. Wenn ich jetzt schon VIPs erkenne, die ich gar nicht kenne, erkenne ich morgen womöglich normale Menschen nicht mehr, die ich aber eigentlich kenne. Das wird böse enden.

THOMAS WINKLER