UNO vermeidet Kritik an Präsident Gbagbo

Sicherheitsrat spricht sich für Untersuchung aller Menschenrechtsverletzungen in der Elfenbeinküste seit 2002 aus

BERLIN taz ■ Der UN-Sicherheitsrat hat es in einer Sitzung zur Elfenbeinküste am Freitag vermieden, deutliche Worte gegen die Verantwortlichen für die Massaker an Regierungsgegnern in Abidjan zu finden. Diese hatten am 25. und 26. März UN-Angaben zufolge mindestens 120 Tote und nach Oppositionsangaben 300 bis 500 Tote gefordert. In einer Erklärung betonte er lediglich, dass die Verantwortlichen dafür zur Rechenschaft gezogen werden müssten, nannte sie jedoch nicht.

Ein Bericht der UN-Menschenrechtskommission, den deren Chef Bertran Ramcharan vor dem Sicherheitsrat präsentierte und über den die taz berichtete (taz vom 7. 5.), hatte demgegenüber „Spezialeinheiten und parallele Kräfte unter Führung und Verantwortung der höchsten staatlichen Autoritäten“ für die „geplanten Massaker“ bei der Niederschlagung einer Friedensdemonstration am 25. März verantwortlich gemacht und das Regime von Präsident Laurent Gbagbo an den Pranger gestellt.

Was von Gbagbo-nahen Medien in der Elfenbeinküste sogleich als Sieg des Präsidenten gefeiert wurde, war so eindeutig nicht. Der Sicherheitsrat äußerte nämlich seine Unterstützung für eine Untersuchung aller Menschenrechtsverletzungen in der Elfenbeinküste seit Beginn des Bürgerkriegs im September 2002 und bekräftigte seine „Entschlossenheit, schnell konkrete Schritte zu erörtern, um sicherzustellen, dass die Verantwortlichen für alle Menschenrechtsverletzungen in der Elfenbeinküste seit September 2002 zur Verantwortung für ihre Taten gezogen werden.“ Auch wenn die anvisierte umfassende UN-Untersuchung lange dauert, könnte der Sicherheitsrat bald Strafmaßnahmen beschließen, die beim Abschluss der Untersuchung in Kraft treten würden.

Das soll abschreckend wirken in einer Zeit, in der die Elfenbeinküste nur noch von der nächsten Kriegsrunde spricht. Seit 25. März ist der Friedensprozess zwischen der Regierung und den Rebellen, die seit 2002 die Nordhälfte des Landes kontrollieren, faktisch tot. Immer häufiger wird über eine Großoffensive der Regierungsarmee gegen die Rebellen spekuliert. Präsident Gbagbo hat Medienberichten zufolge dafür Verträge mit ausländischen Söldnerfirmen geschlossen und große Mengen Waffen importiert. Letzte Woche reiste er nach Libyen, um für Unterstützung zu werben.

Und die Gbagbo-treuen „patriotischen“ Milizen rufen zu Protesten gegen die rund 1.500 Mann starke UN-Blauhelmmission auf, die ihrer Meinung nach dem Krieg gegen die Rebellen im Weg steht. Für den 29. Mai kündigen sie mit Massenaufmärschen in Abidjan die „größte Revolte gegen die UNO in ihrer Geschichte“ an. So spielte die Sorge um die Sicherheit der UN-Soldaten sicher auch eine Rolle bei der Zurückhaltung des UN-Sicherheitsrats. DOMINIC JOHNSON