im knast isst man am besten von RALF SOTSCHECK
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Vor 20 Jahren war ein Restaurantbesuch in Irland ein kalkulierbares Risiko. Meistens gab es gründlich gekochten Schinken mit Quetschkartoffeln und Kohl, aus dem jegliches Leben entwichen war.

Heutzutage ist die Grüne Insel keine kulinarische Wüste mehr, Restaurants mit ethnischer Küche schießen wie Pilze aus dem Boden. Jede Woche kommen zwei hinzu. Aber man kann es sich nicht mehr leisten, sie zu besuchen. Irland ist das teuerste Land der Eurozone, und daran haben die Restaurants ihren Anteil. Eine Pizza für 15 Euro, ein chinesischer Imbiss im Pappschälchen für zehn Euro, selbst ein Glas Leitungswasser kostet in manchen Etablissements einen Euro. Die Iren murren, und die Touristen ernähren sich wochenlang von Fish and Chips. Unter sieben Euro ist das dünne Tierchen im dicken Teigmantel aber auch nicht mehr zu haben.

Jetzt ist das Ministerium für Tourismus eingeschritten. Es hat eine Initiative für „echt preiswertes Essen“ gegründet, der sich bisher 200 Restaurants angeschlossen haben. Neulich wurde eine Broschüre mit den Adressen der Läden und ihren Sonderangeboten zum Lunch an alle Haushalte verteilt. Die Begeisterung der Nation hielt sich in Grenzen. In manchen Restaurants, die aufgelistet waren, hatte man von der ministeriellen Initiative gar nichts gehört. Andere boten Hamburger für 9,50 oder ein Sandwich für 8,50 Euro als „günstigen Lunch“ an. Und in vielen Kneipen, in denen es „Pub Grub“ – eine Art gehobenen Kantinenfraß – gibt, muss man 20 Euro hinblättern, um vorübergehend satt zu werden. „Unser Restaurantführer beweist, wie ernst es den Restaurants im ganzen Land damit ist, hochwertige Mahlzeiten zu echt günstigen Preisen anzubieten“, meinte Tourismusminister John O’Donoghue ungerührt. In Wirklichkeit beweist der Restaurantführer, dass der Minister zu viel Geld und zu wenig Hirn hat.

Dabei geht es auch billiger. Den besten und preiswertesten Haferschleim gebe es in Wheatfield, stellte der Verbraucherverband fest, dessen gastronomische Untersuchung ebenfalls vor kurzem veröffentlicht wurde. Der Nachteil: Wheatfield ist ein Dubliner Gefängnis. Man gibt dort 3,51 Euro am Tag für die Verpflegung der Zwangsgäste aus. Fast fünf Euro am Tag verfressen dagegen die Insassen des Curragh-Gefangenenlagers westlich von Dublin. Dort sind die Pfaffen untergebracht, die wegen Kindesmissbrauch verurteilt wurden. Die sind von Hause aus schließlich anständige Mahlzeiten und guten Messwein gewohnt.

Aber im Allgemeinen ist der Knastfraß nicht zu empfehlen, meint der Verbraucherverband.

Im Gefängnis von Cork wird das Essen kalt serviert, weil die gerade angeschafften Rollwagen mit Wärmeplatten zu breit sind und nicht durch die Türen passen. Im Loughan-Knast ist das Essen nicht nur kalt, sondern der Kohl zum Lunch sogar gefroren.

Man muss also Glück haben, wenn man aus Wut über ein sündhaft teures schlechtes Essen den Restaurantbesitzer vermöbelt hat. Im günstigen Fall kommt man nach Wheatfield, wo einem preiswerter und leckerer Porridge serviert wird.