vorlauf
: Plakative Zeitgeschichte

„Hitlers braune Bataillone“ (21.45 Uhr, ARD)

Auf Bildern kommen die stattliche Erscheinung und der streng soldatische Habitus, den die Zeitzeugen dem Hauptmann a. D. zuschreiben, nur bedingt zur Geltung. Mindestens so prägnant sind eine markante Gesichtsverletzung und der feisteGesamteindruck, den Ernst Röhm hinterlässt. Mit seinem Namen verbinden sich Aufstieg und Fall der SA, die in der Weimarer Republik mit Terror und Brutalität der NSDAP den Weg bereiten half und die wichtgste Organisation der Partei war.

In Vergessenheit gerät dabei schnell, dass der 1934 erschossene Röhm zwar persönlich schon früh zu den wichtigsten Förderern Hitlers gehörte, aber bereits 1925 das erste Mal in Ungnade fiel: Für fünf Jahre musste er die Leitung der SA abgeben und ging als Militärberater nach Bolivien, bevor er an die Spitze der Sturmabteilungen zurückberufen wurde.

Womit Röhm im Andenstaat betraut wurde, bleibt leider auch in Ingo Helms Dokumentation zur Geschichte der SA offen. Das ist zumindest unverständlich, weil sich die Männer-freundschaft zwischen dem NSDAP-Führer und dem SA-Chef „bis zur mörderischen Rivalität“ wie ein roter Faden durch den Zweiteiler zieht.

Dessen Stärken liegen dort, wo Helm (zuletzt: „Hitlers Geld“) die Entwicklung der Schlägertrupps zur brutalen Massenorganisation nachzeichnet, deren Symbolik und Mythen hinterfragt und dabei facettenreich auch einzelne Ereignisse wie etwa die Köpenicker Blutwoche beleuchtet.

Was den Gesamteindruck dieser respektablen NDR-Produktion negativ färbt, ist die filmische Ambitionslosigkeit des Autors. Immer wieder fährt die Kamera zu Orten des Geschehens, die uns in ihrem heutigen Zustand kaum noch etwas über Vergangenes sagen, statt auf Originaldokumente zurückzugreifen. Das wirkt unterm Strich ermüdender und plakativer als modern erzählte Zeitgeschichte sein müsste.

So ist die Rolle der SA etwa beim „Preußenputsch“ 1932 kein Thema, stattdessen wabern Homosexualität und Männerbündisches durch die Doku, anstatt seriös eingeordnet zu werden. RAINER BRAUN

(Teil 2 am 7. 7., 21.45 Uhr)