Flieger und Raupen

Rettet Kunst am Airport aus der Bildungsmisere?

Erst kracht der Jazz einer Lehrerband, dann kommen die Festredner: aus der Schule, aus Politik und Wirtschaft. Und zwar viele. Sie jammern über die „Bildungsmisere im Pisa-Land“ und preisen „zukunftsweisende Projekte, wie dieses hier“. Hinter dem Podium krümmen sich die Finger großer Tonhände, ganz so, als wollten sie den wichtigen Leuten da unten für Rhetorik an die Gurgel gehen.

Seit vergangener Woche zeigen Schüler der Wilhelm-Wagenfeld-Schule ihre Arbeiten in der Eingangshalle des Bremer Flughafens. Zwei Jahre lang stellte der Airport einen Raum zur Verfügung, den die Nachwuchs-Designer zur Schulklasse und zum Atelier umfunktionierten. Initiiert wurde das Projekt von dem Architekturbüro Bruns & Hayungs. Das Ziel: Kunst und Wirtschaft sollen enger zusammenkommen.

Eine der Tonhände über dem Rednerpult hat Anne Bartsch modelliert, Schülerin aus der elften Klasse: „Ganz schön stressig war‘s, die Sachen pünktlich fertig zu kriegen.“ Von der Decke baumeln meterlange Siebdrucke mit nackten Menschen, an den Deckenträgern klammern bunte Pappmaché-Raupen, an einer Schur hängen filigrane Flieger aus Draht und Papier. Von Zeit zu Zeit wackeln kaum bekleidete Schülerinnen mit schrägen Lendenschürzen durch die Szenerie.

Architekt Burkhard Bruns erinnert sich, wie alles anfing. Einmal vor längerer Zeit habe er einen cleveren Praktikanten von der Wagenfeld-Schule bei sich gehabt und erkannt: „Diese Schule ist eine Goldgrube für junge Talente!“ Bruns sprach mit seinen Partnern vom Flughafen und leitete das Projekt in die Wege. „Wie dekoriert man eine Reise?“, sollten die Schüler herausfinden. Das Ergebnis nach zwei Jahren Arbeit: „Ein vermarktbares Produkt“, wie Bruns es nennt. Recht hat er: Nach der Ausstellung werden die Siebdrucke für 80 Euro das Stück verkauft. TW