Sprachförderung ohne Finanzförderung

Deutschkurse für Ausländer sind begehrt. Doch das zuständige Bundesamt hat alle Fördergelder schon ausgegeben. Trägern in Berlin fehlen die Zuschüsse

„Neue Anträge können nicht mehr berücksichtigt werden“

Sprachkenntnisse sind der Schlüssel zur Integration, lautet das Mantra von Politikern aller Parteien. Doch wenn derzeit über die Förderung von Deutschkursen für Migranten gesprochen wird, ist vor allem von „Chaos“ und „Planungsunsicherheit“ die Rede. Dabei steigt das Interesse bei Migranten nach Sprachkursen seit einigen Jahren deutlich: Rund 30.000 Menschen haben letztes Jahr an Berliner Volkshochschulen Deutsch gelernt.

Ein besonderes Angebot gibt es für Zuwanderer aus den EU-Staaten und ehemaligen Anwerbeländern wie der Türkei: vom Bund geförderte Kurse „Deutsch als Fremdsprache“ (DaF). Die gibt es seit Anfang der Siebzigerjahre, als den Politikern nach der ersten Welle der Arbeitsmigration dämmerte, dass die „Gastarbeiter“ bleiben würden und daher zumindest die Chance haben müssten, Deutsch zu lernen.

So war es konsequent, dass das Bundesministerium für Arbeit die Finanzierung der DaF-Kurse übernahm. Verwaltet wurden die Bundesgelder knapp dreißig Jahre lang vom Sprachverband e. V. in Mainz, der bundesweit jährlich 9.000 Kurse von rund 500 Trägern finanzierte – darunter neun Volkshochschulen und 13 freie Bildungseinrichtungen in Berlin. Die verzeichneten im Jahr 2002 11.000 Teilnehmer für die vom Sprachverband geförderten Kurse.

Doch seit einem knappen halben Jahr ist in der geordneten Welt der Deutschkurse „blanke Verunsicherung“ ausgebrochen. So lautet jedenfalls der einhellige Kommentar bei Volkshochschulen und freien Trägern, deren Deutschkurse bislang vom Sprachverband gefördert wurden. Im Mittelpunkt der Kritik: das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFL) in Nürnberg. Das hatte – im Vorgriff auf das gescheiterte Zuwanderungsgesetz – Ende Januar per Erlass des Bundesinnenministeriums die Zuständigkeit für die Deutsch- und Integrationskurse erhalten. Schon im Frühjahr zeichnete sich ab, dass das mit der neuen Aufgabe überforderte Bundesamt mit dem Gesamtetat von 16,8 Millionen Euro zur Sprachkursförderung 2003 zu Jahresbeginn allzu planlos umgegangen war.

Alarmiert von Volkshochschulen und freien Trägern, die ein Wegbrechen der Bundesfinanzierung ab dem zweiten Quartal befürchteten, hatte Berlins Schulstaatssekretär Thomas Härtel (SPD) noch im April einen geharnischten Brief an das Bundesamt geschrieben. Das Land Berlin könne einen kompletten Ausfall der Bundesförderung nicht auffangen. Interessenten für Deutschkurse, die größtenteils bereits ausgebucht seien, müssten von den Volkshochschulen und freien Trägern auf den Herbst vertröstet werden. Härtel kritisierte einen „Verlust an Glaubwürdigkeit, wenn die Zielgruppe einerseits verstärkt zu Sprachkursbesuchen aufgefordert wird, andererseits die Angebote jedoch nicht einmal auf bisherigem Niveau gehalten werden können“. Doch auf seine Forderung nach einer „Planungssicherheit“ bekam Härtel bislang keine Antwort aus Nürnberg.

Die Folgen bekommt beispielsweise die Volkshochschule Neukölln, wo im vergangenen Jahr rund 6.000 Teilnehmer „Deutsch als Fremdsprache“ wählten, zu spüren. Für das zweite Semester des Jahres wurde nur noch die Hälfte der beantragten DaF-Kurse aus Nürnberg bezuschusst. Da die Nachfrage jedoch unverändert hoch ist, finanziert die Volkshochschule die nicht geförderten Kurse nun aus Eigenmitteln. „Im Herbst wird das kaum noch möglich sein“, sagt VHS-Direktor Leopold Bongart.

Wie es dann konkret weitergehen soll, kann Bongart nicht sagen. Derzeit wartet er ebenso wie die anderen Träger in Berlin auf einen Bescheid aus Nürnberg. Stichtag ist der 10. Juli. Das Bundesamt möchte bis dahin nicht belästigt werden. „Gucken Sie doch auf unserer Website nach“, sagt Pressesprecherin Katrin Rohr ungehalten auf die Frage, wie viele Kurse ab Juli gefördert würden. Die Website allerdings wurde seit April nicht aktualisiert. Man erfährt lediglich, dass die Behörde eine „Hotline“ für die Bildungsträger geschaltet hat. Und: „Neue Anträge können nicht mehr berücksichtigt werden.“ Rohr verspricht zunächst, bis 10. Juli würden alle Antragsteller Post bekommen. Wenig später wird sie konkreter: Das Bundesamt habe den gesamten Etat für 2003 schon ausgegeben, heißt es nun. Von den bundesweit beantragten 7.422 Kursen seien weniger als zwei Drittel, nämlich genau 4.344, genehmigt worden. Noch Fragen? HEIKE KLEFFNER