Sozial predigen, unsozial bauen

Öffentliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) soll keine Großprojekte im Ausland fördern, die ihrer eigenen Theorie widersprechen, sagt Verband „Urgewald“

BERLIN taz ■ Anlässlich der Bilanzpressekonferenz der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald gestern scharfe Kritik am Management der Bank geübt. Maßnahmen in der Exportförderung hätten in der Vergangenheit immer wieder entwicklungs- und umweltpolitische Bemühungen konterkariert.

Die KfW ist das zentrale öffentliche Kreditinstitut Deutschlands, das zu 80 Prozent dem Bund und zu 20 Prozent den Ländern gehört. Sie finanziert hauptsächlich Investitionen in Deutschland und Europa, ist aber auch in der Entwicklungshilfe aktiv. Mit ihrer Export- und Projektförderung unterstützt die KfW Vorhaben der deutschen Industrie: Sie vergibt Exportkredite und finanziert ausländische Großprojekte, an denen deutsche Firmen beteiligt sind.

Auf die Umwelt- und Sozialbilanz dieses Geschäftsbereichs konzentriert sich die Kritik von Urgewald. In einer Studie stellt die Organisation anhand von elf Fallbeispielen „Schwachstellen im Umweltmanagement der Bank“ dar. Prominentes Beispiel ist dabei die Mitfinanzierung des umstrittenen Drei-Schluchten-Staudamms in China. Dieses größte Dammprojekt der Welt führt laut Studie zur Umsiedelung von 1,9 Millionen Menschen und unkalkulierbaren ökologischen Risiken. Aus diesem Grund lehnte etwa die Weltbank eine Projektförderung ab. Nicht so die KfW: Sie stellte der Studie zufolge Exportkredite von mindestens 112 Millionen Dollar zur Verfügung. Mit dieser Sicherheit im Rücken konnte ein deutsches Firmenkonsortium Turbinen und Generatoren für das Kraftwerk des Staudamms liefern. „Dieses Beispiel deckt die Widersprüche zwischen den Geschäftsbereichen der KfW auf“, erklärt die Mitautorin der Studie, Barbara Happe. Als Entwicklungsbank der Bundesregierung finanziere die KfW nämlich die Arbeit der Weltstaudamm-Kommission und sollte deshalb auch deren Empfehlungen zur Einhaltung sozialer und ökologischer Standards befolgen. Happe fordert eine „kohärentere Zusammenarbeit der Geschäftsbereiche der KfW“. Zu den anderen Fallbeispielen gehören die Förderung eines Atomkraftwerks in Brasilien und einer Gold- und Kupfermine in Papua-Neuguinea. Als „Ausweg aus dem Dilemma“ schlägt Urgewald der KfW vor, verbindliche Umweltstandards für die Exportförderung einzuführen, eine Beschwerdestelle für Menschenrechtsverletzungen einzurichten und Atomprojekte auszuschließen.

Die KfW wies die Vorwürfe in einer Stellungnahme gestern zurück. Sie hält die in der Studie ausgewählten Beispiele für nicht repräsentativ und teilweise veraltet. Eine intern verbindliche Umweltrichtlinie würde regelmäßig an die internationalen Umwelt- und Sozialstandards angepasst.

Die Bilanzsumme der KfW ist im vergangenen Jahr um 3,3 Prozent auf rund 314 Milliarden Euro angestiegen. Dies führt der Vorstand vor allem auf die verstärkte Vergabe von Investitionskrediten an die deutsche Wirtschaft zurück. NIKOLAI FICHTNER