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: Es wird noch böse enden: Nazi-Juristen, Zikadenplagen und eine unverhoffte Eiszeit

Für die neue Folge der beliebten Reihe „Themenläden interessant“ stehen heute drei Schwerpunkte auf dem Programm. Erstens die bevorstehende Bundespräsidentenwahl und das damit zusammenhängende Comeback des mittlerweile 90-jährigen „furchtbaren Juristen“ Hans Filbinger als Wahlmann der CDU. Zweitens die in den USA für diesen Monat erwartete Zikadenplage durch eine daumengroße und rotäugige Spezies namens Brood X. Und drittens die drohende Eiszeit, die – sollte Regisseur Roland Emmerich Recht behalten – bald die gesamte nördliche Hemisphäre spontan einfrieren wird. Was – um den Berlin-Bezug dieser Kolumne zu erhöhen – leider auch zur Folge hätte, dass die soeben eröffnete Openair-Residenz des WMF langfristig mit mangelndem Publikumszuspruch zu kämpfen hätte.

Doch weil man gegen die Eiszeit ohnehin nichts machen kann und sich das Problem Filbinger eher früher als später von selbst erledigen wird, scheint es angebracht, sich weitgehend auf die Zikaden zu beschränken. In einer Größenordnung von Milliarden und Abermilliarden sollen sie nach 17-jähriger Abwesenheit über den nordamerikanischen Kontinent herfallen, um zum Zwecke der Fortpflanzung mit schnarrendem Singsang eine rund zweiwöchige Zikadenorgie zu veranstalten, welche der Wissenschaft noch immer viele Rätsel aufgibt. Denn die Zikade ist wachstumstechnisch nicht nur ein besonders langsames, sondern auch ganz besonders schreckhaftes und harmloses Tier.

Tritt ein Mensch einer einzelnen Zikade tapfer und aufrecht gegenüber, kann es passieren, dass die Zikade sich vor blankem Entsetzen auf den Rücken wirft und hilflos mit den gelben Beinchen zappelt. Allerdings muss man dazu sagen, dass Zikaden auch ganz besonders gesellige Tiere sind und sich deswegen meist nur in millionenfacher Begleitung sehen lassen. In diesem Fall kippen dann meist die Menschen auf den Rücken, was der Zikade, wenn sie so etwas denken könnte, wohl als gerechte Strafe erschiene. Dennoch: Wie konnte es einem so überaus plumpen und zudem auch bemerkenswert hässlichen Tier gelingen, sich so beachtlich zu vermehren? Und wieso braucht es dazu eine 17-jährige Zeit des Heranwachsens?

Derzeit werden zwei Theorien favorisiert. Entweder die Zikade hat die 17-jährige Zeit des Heranwachsens entwickelt, um sich so wirksamer vor ihren Feinden zu schützen, oder die 17-jährige Zeit des Heranwachsens hatte zur Folge, dass die Zikade ihren Feinden nun schutzlos ausgeliefert ist, weil sie vergessen hat, dass es für sie überhaupt Feinde gibt. Doch Feinde hat sie reichlich: Fische, Vögel und Hunde.

Selbst Menschen sagen dann und wann zu einer Zikade nicht nein, wobei allerdings jene, die unter einer Hummer- und Krabben-Allergie leiden, Vorsicht walten lassen sollten. Gerade meldet die Nachrichtenagentur AP, dass ein Mann aus Indiana, der sich einen Teller mit gerösteten Knoblauch-Basilikum-Zikaden zubereitet hat, jetzt mit einem Schock im Krankenhaus liegt. Allerdings soll er sich schon wieder auf dem Weg der Besserung befinden.

HARALD PETERS