„Ein gutes, warmes Verhältnis pflegen“

Die türkische Ska-Band Athena gefällt sich in der Rolle des Botschafters vom Bosporus. Heute spielen die frisch gekürten Eurovision-Song-Contest-Stars am Brandenburger Tor ihre softe Version vom „Habt euch alle lieb – piep piep piep“. Drum herum gibt es ein türkisches Kulturfest mit viel Tanz und Tumult

VON CEM SEY

taz: Zuletzt haben Sie beim Eurovision Song Contest den vierten Platz für die Türkei geholt. Davor haben Sie das Lied für die Basketball-Nationalmannschaft komponiert. Steigen Sie zum Vertreter der Türkei im Ausland auf?

Hakan Özoguz: Stimmt, es sieht so aus. Darüber sind wir sehr glücklich. Vor allem bei Eurovision haben wir das Land offiziell vertreten. Wir sind stolz darauf.

Athena ist ein unüblicher Name für eine türkische Band, glauben viele hier in Deutschland. Wieso dieser griechische Name?

Als wir mit 14, 15 angefangen haben, uns mit Musik zu beschäftigen, waren wir sehr an Mythologie interessiert. Das Wort „Athena“ hörte sich in unseren Ohren sehr gut an, und die Bedeutung dessen fanden wir schön. Deshalb nannten wir uns Athena. Aber wir verstehen die Vorurteile nicht. Warum soll es merkwürdig sein, dass eine türkische Band keinen türkischen Namen trägt? Wir sind für die Brüderlichkeit aller Menschen. Wir wären sehr glücklich, wenn diese Namensgebung zur türkisch-griechischen Freundschaft beitragen könnte.

Seitdem Sie 1992 zusammen mit der deutschen Band Tankard aufgetreten sind, pflegen Sie auch zu Deutschland intensive Kontakte.

Damals haben wir sehr harte Musik gemacht. Das Studio, mit dem wir zusammengearbeitet haben, hatte erfahren, dass Tankard in die Türkei kommen würde. Sie haben uns unter vielen anderen als eine für die Zukunft vielversprechende Gruppe ausgewählt. So haben wir in Istanbul unser erstes Konzert mit einer fremden Gruppe gegeben. Im Rahmen unserer Tournee für unser erstes Album im Jahre 1998 traten wir dann auf dem Kölner Popkomm-Fest auf. 2001 ging es weiter. Zusammen mit der Ska-Band Fritz machten wir eine Deutschlandtournee mit drei Konzerten. Wir finden diesen Kontakt zu Deutschland sehr schön und sind sehr zufrieden und hoffen, dass diese Freundschaft für immer hält.

Haben Sie auch private Kontakte hierhin?

Ja, wir haben viele Freunde in Deutschland, aber auch in den Niederlanden. Während unserer Reisen haben wir viele neue Freunde kennen gelernt. Jetzt kommt unsere neue CD in Deutschland heraus. Wir werden demnächst weitere Konzerte in Deutschland geben.

Ihre Songs sind teils politisch. Sie haben ein Lied gegen den Irakkrieg gemacht und gelten als Globalisierungsgegner.

In unseren Liedern ist unsere Weltanschauung immer zu finden. Wir haben nicht laut geschrien: Führt keinen Krieg im Irak! Aber in unseren Texten spielen Frieden oder auch Umweltschutz eine Rolle. Während des Irakkrieges wurde es nur deutlicher. Eine andere türkische Band hat uns ein gemeinsames Lied gegen den Krieg vorgeschlagen. Zusammen mit anderen türkischen Künstlern haben wir das Projekt dann verwirklicht. Das war sehr gut. Solidarität ist ein sehr wichtiges Gefühl.

Politische Songs sind in der Türkei aber eher ungewöhnlich.

Das war zu Kriegszeiten. Aber auch während des Grand Prix haben wir unsere Einstellung gegen den Krieg durch Friedenszeichen sichtbar gemacht. Natürlich tragen wir unsere Gedanken weiter vor. Wir sind eben gegen den Krieg.

Verursacht diese politische Haltung zu Hause Probleme?

Nein, es muss ja auch nicht immer unmittelbar politisch sein. Ich muss sagen, dass wir eigentlich die Politik nicht besonders mögen. Aber die Vernichtung von Menschenleben kann niemals akzeptiert werden. Deshalb zeigen wir unseren Widerspruch.

In Berlin werden Sie auf dem Kulturfest im Rahmen des „Tags der Türken“ auftreten. Welche Message werden Sie dort den Türken bringen?

Vor allem rufen wir sie alle dazu auf, unsere Konzerte zu besuchen. Wir würden uns sehr freuen. Aber wir werden dort auch dafür eintreten, dass sie zu ihren deutschen Freunden ein gutes, warmes Verhältnis pflegen.

Der „Tag der Türken“ sorgt dafür, wie in den Jahren davor, dass unter den Türken in Deutschland gestritten wird. Viele finden die Veranstaltung zu nationalistisch angelegt. Kennen Sie diesen Streit?

Nicht wirklich. Denn wir waren sehr mit dem Eurovision Song Contest und unserem neuen Album beschäftigt. Es gibt sehr viel zu tun. Aber wir sind immer dafür, dass man sich bei solchen Streitigkeiten in der Mitte treffen sollte. Es gibt sicher einen Punkt, wo beide Seiten zusammenkommen können. Durch Streitereien oder gegenseitige Demonstration der Stärke kann man nichts erreichen.

Werden Sie in Berlin auch das Eurovision-Lied „For Real“ singen?

Selbstverständlich. Aber nicht nur „For Real“. Auch die beiden anderen Lieder, „Easy Man“ und „I love the Mud on My Face“, die wir für diesen Contest komponiert hatten, spielen wir.

Wie kommt „For Real“, ein eher braves Lied, bisher an?

Die Reaktionen sind überwältigend. Aus allen Schichten der türkischen Bevölkerung hören wir dasselbe: „Die Türkei hätte nicht besser vertreten werden können.“ Diesen Kommentar hören wir nicht nur aus Fachkreisen. Denn alle haben gesehen, dass es beim Eurovision nicht nur auf die gute Musik ankommt. Auch die Show muss stimmen. Wir haben alles gegeben, was wir konnten.

Was steht auf Ihrem Deutschland-Programm außer dem Konzert in Berlin?

Nächsten Montag sind wir in Köln zur Fernsehsendung von Stefan Raab eingeladen. Dann geht es sofort zurück in die Türkei.

Können „For Real“-Fans den Song bereits kaufen?

Ja, in Deutschland ist er als Single bereits erschienen. In den nächsten Tagen kommt er in Griechenland auf den Markt.