UNO schickt Blauhelmsoldaten nach Burundi

Der Sicherheitsrat beschließt eine 5.650 Mann starke Truppe ab Juni. Sie soll den Friedensprozess und Wahlen im Herbst absichern. Ihr grenzüberschreitendes Mandat ist eine Neuerung im Peacekeeping der Vereinten Nationen

BERLIN taz ■ Der UN-Sicherheitsrat hat die Entsendung einer Blauhelmtruppe nach Burundi beschlossen. Die am Freitagabend einstimmig angenommene Resolution 1545 beinhaltet neben der Stationierung von bis zu 5.650 UN-Soldaten und 120 Polizisten auch Neuerungen im UN-Peacekeeping, die Blauhelmmissionen in die Lage versetzen sollen, besser mit grenzüberschreitenden Dimensionen von Konflikten umzugehen.

In Burundi geht in diesem Jahr ein Friedensprozess zu Ende, der einen seit 1993 währenden Krieg mit 300.000 Toten beenden soll. Gemäß einem 2001 geschlossenen Friedensabkommen amtiert seit 1. November 2001 eine Allparteienregierung aus den wesentlichen Hutu- und Tutsi-Parteien des Landes, der seit November 2003 auch die meisten Hutu-Rebellengruppen angehören, die davor gegen die Tutsi-kommandierte Armee gekämpft hatten. Die Amtsperiode dieser Regierung, derzeit geführt von Hutu-Staatschef Domitien Ndayizeye, läuft am 1. November 2004 aus. Davor sollen Wahlen stattfinden – eine große Herausforderung in einem Bürgerkriegsland, wo jahrzehntelang die politische Kultur in der Wahl zwischen Entrechtung der Hutu-Bevölkerungsmehrheit durch die Tutsi-Militärelite und Ausrottung der Tutsi-Minderheit durch bewaffnete Hutu bestand.

Die Blauhelmtruppe, deren Einsatz bereits am 1. Juni beginnt, wird die 2.700 südafrikanischen, äthiopischen und mosambikanischen Soldaten der schon seit 2002 in Burundi stationierten Friedenstruppe der Afrikanischen Union umfassen, aber sehr viel aktiver sein als diese. Ihr Mandat umfasst gemäß Kapitel VII der UN-Charta auch die Anwendung von Gewalt. Sie soll die geltenden Waffenstillstände und ein „sicheres Umfeld für freie, transparente und friedliche Wahlen“ durchsetzen. Weiter nennt die Resolution als Ziele der Mission Vertrauen zwischen den Kriegsparteien, die Erleichterung der Flüchtlingsrückkehr und die Demobilisierung kämpfender Truppen.

Am weitestgehenden ist jedoch die regionale Dimension: Die UN-Truppe soll Burundis Regierung helfen, „ihre Grenzen zu überwachen, mit besonderer Aufmerksamkeit für Flüchtlinge und Bewegungen von Kämpfern“, sowie den illegalen Waffenhandel zwischen Burundi und Kongo überwachen. Einmalig für UN-Missionen ist die Klausel, dass die Blauhelme nach Abschluss entsprechender Vereinbarungen die Grenzen zu Burundis Nachbarländer (Ruanda, Kongo und Tansania) „in Verfolgung bewaffneter Kämpfer“ überschreiten dürfen.

Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass ruandische und burundische Hutu-Milizen im Kongo stationiert sind und nach Ruanda und Burundi vorzudringen versuchen. Dies hat in den letzten Wochen zu schweren Kämpfen im Osten Kongos und in Teilen Burundis geführt, bei denen auch Ruandas Armee nach Burundi vorstieß. Dass die UN-Mission im Kongo bisher nicht in der Lage ist, den Waffenschmuggel an Kongos Ostgrenze zu unterbinden, ist eines der Probleme, bei dessen Lösung die UN-Mission in Burundi mit ihrem breiteren Mandat helfen soll.

Die größten Herausforderungen wird es aber in Burundi selbst geben. Eine der burundischen Hutu-Rebellengruppen hat den bewaffneten Kampf noch nicht aufgegeben, und aus dem Norden wurden Anfang Mai Versuche gemeldet, eine bewaffnete Tutsi-Rebellenbewegung zu gründen. Das sorgt für Spannungen, während die Uhr für den Friedensprozess langsam abläuft. Die anvisierten Wahlen müssen vor dem 1. November stattfinden; Parlamentspräsident Jean Minani sagte am Wochenende, er rechne mit Wahlen im September oder Oktober. Noch aber sind dafür keine Vorbereitungen getroffen wurden.

DOMINIC JOHNSON