Rückwärts gewandter Einfluss

betr.: „Um Gottes willen“, taz vom 10. 1. 09

In dem interessanten Artikel vom Wolf Schmidt über die Evangelikalen in USA und Deutschland vermisse ich eine Erwähnung der Arbeit von US-Evangelikalen in den Missionsgemeinden Lateinamerikas. Nach meinen Informationen haben evangelikale Missionare aus den USA gegen die Theologie der Befreiung gearbeitet, die in diesen Ländern für Selbstbestimmung der dortigen Christen und für Unabhängigkeit von westlichen Zwängen plädierte. Damit unterstützten die Evangelikalen die konservative Politik des damaligen Papstes, der führenden Befreiungstheologen (Leonardo Boff) die Lehrerlaubnis entzog und die dortigen Christen zum Gehorsam gegen das herrschende System anhielt, teilweise mit Erfolg, weil die evangelikalen Missionare über immense Spendenmittel verfügten.

Diese Beeinflussung unter christlichen Vorzeichen trug zur Verdrängung der Theologie der Befreiung und ihrer Gemeinden bei und war insofern durchaus eine geleitete politische Agitation im Sinne westlicher Herrschaftsinteressen. In diesem Sinne unterstützten die Evangelikalen auch die katastrophale Politik von Herrn Bush, die kaum als christliche Politik zu bezeichnen ist. Man sollte dieser „Bewegung“ auch in Deutschland genau auf die Finger sehen und ihren rückwärts gewandten Einfluss nicht ausschließlich als religiöse Übung im Rahmen der demokratischen Religionsfreiheit verstehen und behandeln. RUTH REHMANN, Trostberg