Moslems widersprechen

Gegen die Bochumer Polizeiaktion legt der Islamische Kulturverein Widerspruch ein. Es gebe keine rechtliche Grundlage, so Rechtsanwalt Eisel

„Jeder hat in unserer multikulturellen Gesellschaft das Recht anderer Meinung zu sein“

VON NATALIE WIESMANN

Die Durchsuchung von zwei Bochumer Moscheen im April hat ein juristisches Nachspiel: Der Islamische Kulturverein, der die Khaled-Moschee im Uni-Center betreibt, hat jetzt gegen die Polizeiaktion Widerspruch eingelegt. Landesregierung und Polizei wollen öffentlich den Großeinsatz nicht näher begründen.

Für den muslimischen Verein stellt die Kontrolle hunderter Besucher des Freitagsgebets einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Schutz der ungestörten Religionsausübung dar. Außerdem wendet sich der Verein gegen die Errichtung der polizeilichen Kontrollstelle: „Diese hat keine rechtliche Grundlage. Sie darf nur errichtet werden, wenn ein konkreter Verdacht einer schweren Straftat vorliegt“, begründet Rechtsanwalt Lutz Eisel. Bisher sei jedoch kein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Eisel beklagt auch die Art der Durchführung der Polizeiaktion: „Die Moscheebesucher wurden viel zu lange festgehalten, das grenzt an Freiheitsberaubung“, so Eisel. Dass einer der Selbstmordattentäter des 11. September in diese Moschee gegangen sei, reiche nicht als Grund für eine solche Aktion.

Moschee-Sprecher Ahmad Aweimer ist enttäuscht, weil „von der Polizei kein Signal kommt“. Man habe den Polizeipräsidenten Thomas Wenner zu einem klärenden Gespräch in die Moschee eingeladen, doch er habe kurzfristig abgesagt. „Wir sind nicht nachtragend. Wir wollten von ihm wissen, warum dieser Einsatz sein musste“, so Aweimer.

Wenner habe den Termin in der Moschee abgesagt, weil die Meinung der anwesenden Gruppierungen bereits voreingenommen waren, antwortet sein Sprecher Michael Bloch. „Wir haben uns nichts vorzuwerfen“, sagt er. Die Maßnahmen seien rechtmäßig gewesen. Ansonsten will sich die Polizei zu diesem Fall nicht mehr äußern. Auch das NRW-Innenministerium gibt sich unantastbar: „Es steht jedem frei, in unserer multikulturellen Demokratie eine andere Auffassung zu haben“, so Sprecher Ulrich Rungwerth. Der Einsatz sei jedoch nach rechtlichen Bestimmungen abgelaufen.

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Monika Düker, hatte am 6. Mai zum Bochumer Großeinsatz im Landtag eine aktuelle Viertelstunde beantragt. Sie wollte von Innenminister Fritz Behrens (SPD) wissen, ob sich die Durchsuchung auf einen „begründeten Einzelfall“ gestützt habe im Allgemeinen „im Umgang mit Muslimen ein neuer Weg eingeschlagen“ werde. Behrens negierte die Existenz eines Generalverdachts gegenüber Moschee-Besuchern. Man habe Erkenntnisse gehabt, dass sich in den Moscheen Personen aus dem Umfeld islamischer Extremisten aufhielten, war seine Antwort. Konkrete Untersuchungsergebnisse werden in einem parlamentarischen Kontrollgremium behandelt, unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Mit der Begründung des Innenministers gibt sich anscheinend auch die grüne Kritikerin Düker zufrieden, die selbst in diesem heimlichen Gremium sitzt. „Der Innenminister hat uns bestätigt, dass Moscheedurchsuchungen nicht zur Standardmaßnahme werden sollen“, sagt Düker. Moschee-Anwalt Eisel glaubt, dass die Grüne zwischen zwei Stühlen steht. „Sie will es sich nicht mit ihrem Koalitionspartner verscherzen.“ Doch es gebe keinen Grund zur Beschwichtigung, so der Anwalt: Der Bochumer Polizeipräsident habe parallel zur Befragung im Landtag öffentlich verkündet, dass dies nicht die letzte Kontrolle in einer Moschee gewesen sei.