hamburger szene
: Neulich im Mercado

Kürzlich ging ich zum alten jüdischen Friedhof in Ottensen – dem Mercado. Dort angekommen musste ich feststellen, dass das Mahnmal beschädigt war. Eine der Gedenktafeln fehlte. Keiner schien es zu bemerken. Eine Gruppe junger Türken hastete vorbei und verschwand im H&M, ohne das angeschlagene Mahnmal auch nur mit einem kurzem Blick zu würdigen.

Ich erinnerte mich an die Protestaktionen gegen den Bau des Einkaufszentrums in den 90ern Jahren. Juden aus der ganzen Welt hatten dagegen protestiert, dass auf dem Friedhof, der bereits von den Nazis geschändet wurde, ein Konsumtempel entstehen sollte. Es entrüstete mich, dass das Mercado nicht einmal seiner Pflicht nachkam, das Mahnmal in Schuss zu halten. Schließlich sind die paar Glasplatten im Zwischengeschoss der letzte Hinweis auf die eigentlich ewige Bestimmung des Ortes. Jüdische Friedhöfe werden immer für die Ewigkeit angelegt.

Dann kam mir ein grausamer Gedanke: die Pro-Palästina-Bewegung. Sollte sie wirklich so weit gegangen sein, jüdische Grabmäler zu schänden? Was haben die verstorbenen Juden Altonas mit dem Gaza-Streifen am Hut?

Ein paar Tage später ging ich wieder zum Friedhof. Die Platte fehlte noch immer. Aber jetzt war dort eine Nachricht des Mercado angebracht: Die Glasplatten würden erneuert werden. Zum Farbabgleich habe man eine Platte dem Glaser mitgegeben. Dabei sehen sie doch noch aus wie neu!

JOHANN TISCHEWSKI