Razzien auf dem Schulhof

Innensenator Schill sorgt mit Debatte um Schülerkontrollen für Wirbel. Schulbehörde lehnt ab. SPD: Jugend- und Gewaltprävention muss gestärkt werden

Innensenator Ronald Schills Polizeistaat-Phantasien sorgen mal wieder für Wirbel: Der Rechtspopulist hat nach dem Amoklauf eines Schülers in Coburg gefordert, die Gesetze so zu ändern, dass Polizisten verdachtsunabhängige Razzien auf Schulhöfen durchführen und Pennäler nach Waffen filzen können. „Das ist die einzige Möglichkeit, die Wahrscheinlichkeit solcher Taten zu reduzieren.“

Beim Koalitionspartner FDP und der SPD-Opposition löste das Ansinnen nur Kopfschütteln aus. FDP-Fraktionschef Burkhardt Müller-Sönksen erinnert daran, dass auch Jugendliche Grundrechte haben: „Das ist ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Bürgerrechte.“

Den Amoklauf in der fränkischen Stadt nutzt die Schill-Partei, um erneut nach verstärkter Repression zu rufen. Nach Ansicht des innenpolitischen Fraktionssprechers Frank-Michael Bauer hat die Tat gezeigt, dass die Gesetze nicht ausreichen. Neben verdachtsunabhängigen Kontrollen müssten die Schulleitungen Zugriff auf das zentrale Waffenregister bekommen und von der Polizei über Straftaten von Schülern unterrichtet werden.

Müller-Sönksen lehnt eine solche Verschärfung des Gesetzes über Sicherheit und Ordung (SOG) und des Schulgesetzes entschieden ab. Gerade der Vorfall von Coburg zeige, dass es kein „Gesetzes-, sondern ein Vollzugsdefizit“ gebe. In Bayern hat die Polizei die Möglichkeit, auch ohne konkreten Verdacht zu kontrollieren.

Der Sprecher der Schulbehörde, Alexander Luckow, verweist auf das neue Hamburger Schulgesetz, nach dem im Verdachtsfall Lehrer Leibesvisitationen durchführen dürfen. „Das ist vollkommen ausreichend.“ Das Erscheinen von Polizisten in der Schule müsse das „letzte Mittel“ bleiben. Verdachtsunabhängige Kontrollen lehnt er ab. Erfahrungen in Bayern zeigten, das dies schon für Polizisten höchstproblematisch ist. Dies gelte erst Recht für Lehrer, die Vertrauen zu ihren Schülern aufbauen.

Der innenpolitische Sprecher der SPD, Michael Neumann, wirft Schill „blinden und wirklungslosen Aktionismus“ vor. Während er zwar auch den Schulen einen Einblick in die Waffenregister zugestehen möchte, lehnt er die Schulkontrollen durch Cops ab: „Vielmehr müsste der Jugend- und Gewaltschutz verstärkt werden.“ KAI VON APPEN