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: Die wohltuende Wirkung des Schweinekoteletts auf den menschlichen Körper
Immer weniger Menschen fallen auf die Lügen der Diät-Industrie rein
Obwohl der Sommer nun schon vor einigen Wochen begann, ist es noch immer nicht zu spät, zumindest in diesem Jahr endlich mit der idealen Strandfigur zu beeindrucken. Schließlich hat die Ferienzeit gerade erst begonnen. Zwar braucht es auch dazu eine Diät, doch im Gegensatz zu herkömmlichen Diäten handelt diese nicht von Hunger und Verzicht, sondern von doppelten Portionen und ausgelassener Völlerei.
Sie unterwirft den Formbewussten nicht dem unerbittlichen Regiment von Vollkorn, Rohkost und trockenem Brot, nein danke, sie erlaubt vielmehr Eier, Fleisch und Butter in rauen Mengen. Dem Obst und Zucker wie auch den Kartoffel-, Getreide- und Mehlprodukten sollte man allerdings der Gesundheit zuliebe entsagen. Dann purzeln die Pfunde wie von selbst, die Cholesterinwerte zeigen sich von ihrer besten Seite und auch der Blutzuckerspiegel glänzt.
Gerade einer schlanken Zeitung wie der taz steht es deshalb gut zu Gesicht, sich mit dieser verblüffenden Alternativ-Diät zu profilieren. Ganz so neu ist diese Alternativ-Diät allerdings nicht. Dass nicht die kohlenhydratreiche und fettfreie, sondern im Gegenteil eine kohlenhydratfreie und fettreiche Ernährung zum Idealgewicht führt – und dabei wie von selbst auch Zufriedenheit, Glück und natürliche Schönheit mit sich bringt –, hat ein gewisser Dr. Atkins bereits in den 70ern im Selbstexperiment heraus gefunden. Nur wurde diese frohe Kunde, die Heerscharen von Diätopfern die Barberei des Vollkornmüslis erspart hätte, von den skrupellosen Machenschaften der Diätindustrie massiv hintertrieben. Doch immer weniger Menschen fallen auf ihre Lügen rein. Immer mehr greifen statt zum Vollkornriegel lieber zur Wurst.
Dr. Atkins’ Diät entwickelt sich zu einem Trend, zu einer Religion, also gewissermaßen zu dem neuen Ding. Es ist nur schade, dass Dr. Atkins den Siegeszug seiner bahnbrechenden Ernährungsphilosophie nicht mehr erlebt. Wie man hört, rutschte er letzten Winter in New York bei Glatteis aus, schlug mit dem Schädel auf den Asphalt und starb weniger später an seinen Verletzungen.
Doch auch wenn der Kopf der Bewegung leider nicht mehr unter uns weilt, sein Wissen lebt fort und breitet sich mit jedem Steak, jedem Käseomelette und jeder Brathaxe weiter aus. Es ist in diesem Zusammenhang sehr lobenswert, dass die Vereinigung amerikanischer Schweinezüchter die Gunst der Stunde nutzt, um die geheimen Freuden des Schweinefleischverzehrs zu propagieren. Da sich vor allem Kinder oftmals den Möglichkeiten einer gesunden Ernährung verweigern, haben die Schweinezüchter eine informative Spaßseite im Internet platziert, die unter der Adresse www.pork4kids.com abrufbar ist. Da wird nicht nur auf die wohltuende Wirkung des Schweinekoteletts auf den menschlichen Körper hingewiesen, sondern werden den Kleinsten auch altersgerechte Rezeptideen mit Schweinefleisch in bunten Bildern präsentiert. Auch wenn dabei hier und da kohlehydratreiche Zutaten ihren Weg in die Rezeptideen fanden, ist zumindest ein erster Schritt in die richtige Richtung gemacht.
Damit es dabei nicht bleibt, ist wieder einmal der Verbraucher gefragt. Gehen Sie deshalb gleich in den nächsten Bioladen und verlangen Sie fettreiche Proteinriegel und weisen Sie die möglicherweise verblüfften Verkäufer auf die Gefahren ungesunder Vollkornprodukte hin. Steuern Sie die nächste Hamburger-Kette an, puhlen Sie das Fleisch zum Verzehr heraus und geben das Brötchen wieder an der Kasse zurück. Werden Sie zum kritischen Konsumenten. Nutzen Sie jeden freien Tag des noch verbleibenden Sommers für ein ausgelassenes Grillfest und futtern Sie sich ihrer Traumfigur entgegen. Guten Appetit.
HARALD PETERS
