Sehnsucht versandet

Moks: Uraufführung von Kai Lenkes Theaterstück „never change a winning team“. Junge Theatermacher begeben sich auf die Suche nach Panama

„Oh, wie schön ist Panama“ – so denken sich das der kleine Bär und der kleine Tiger jedenfalls. Am Ende ihrer Reise kommen sie wieder bei ihrem eigenen Häuschen an, das ihnen plötzlich so schön erscheint, dass sie sicher sind: Hier muss Panama sein. Janoschs Kinderklassiker über das Fernweh scheint dem Autor Kai Lenke das heimliche Vorbild für sein erstes Stück never change a winning team geliefert zu haben. Mit der Uraufführung bietet das Bremer Kinder- und Jugendtheater moks jungen Theatermachern zum dritten Mal eine Plattform, ihre Talente als Autor, Schauspieler, Ausstatter oder Regisseur zu erproben.

Der heimische Strand, wo die Clique sich jeden Tag trifft, ist ein Ort der Freiheit: Morgens gehört er den jungen Leuten allein, abends schleppen sie den Sand zwischen Zehen und Hautfalten wie Reliquien heim. Die Meer-Metapher des Stücks steht allerdings weniger für Weite, sondern für die Begrenztheit des provinziellen Horizonts.

Passenderweise wird es in Lea Dietrichs Bühnenbild durch eine enge Duschkabine verkörpert, in der die Darsteller nacheinander verschwinden. Als Strand muss so viel Sand genügen, wie auf eine Etage des bühnenfüllenden Baugerüstes passt.

Einer wagt es, den begrenzten Horizont zu überschreiten: Viktor (schnöselig-schüchtern gespielt von Luzius Heydrich), getrieben von einem diffusen gesellschaftskritischen Impetus, geht für ein Jahr nach Afrika.

Als er zurückkehrt, ist eigentlich alles wie zuvor, aber doch alles anders. Seine langjährige Freundin Meret (Christina Moll) hat sich dem Kumpel Niels (Jakob Adebahr) zugewandt – und die Clique Zuwachs bekommen von der naiven Sandra, mit Dauergrinsen und weit aufgerissenen Augen zu intensiv gespielt von Johanna Diekmeyer. Wenigstens sie teilt Viktors Hin- und Hergerissensein zwischen Fernweh und Zuneigung zu dem verträumten Ort.

Aber hat das noch viel mit der Wirklichkeit von jungen Leuten zu tun? Schwärmerisches Fernweh wirkt etwas anachronistisch in Zeiten der Globalisierung, wo Studenten ohne Auslandserfahrung schon schräg angesehen werden. Angesichts weltweiter Vernetzung dürften junge Leute selten geworden sein, denen eine monatliche Postkarte zur Kommunikation mit ihren Freunden genügt.

Das Stück hat seine stärksten Momente, wenn es um Gefühl und Beziehungen geht: strapazierte Freundschaften, Nostalgie nach der eigenen Kindheit, Angst vorm Erwachsenwerden. Dies drücken die Schauspieler vor allem über die Sprache aus. Die Gesten bleiben den Dialogen untergeordnet. Mühsamer wird es bei den wenigen Szenen, die vom Körpereinsatz leben – wie die arg gestellt wirkende Prügelszene zwischen Viktor und Niels.

Am Ende bleibt der sehnsüchtige Blick auf die aufblasbare Weltkugel. Bär und Tiger sind wieder zu Hause.

Annedore Beelte

Weitere Aufführungen im Bremer theaterkontor, Schildstraße: 27. bis 30. Mai, täglich 21 Uhr