Konservative uneins

Die EVP-Fraktion im Europaparlament gibt sich mit Berlusconis Bedauern zufrieden, aber Luxemburgs Premier ist „schockiert“

BERLIN taz/ap/afp/dpa ■ Lange stritten die konservativen Parlamentarier in Straßburg über eine gemeinsame Stellungnahme – so lange, dass das Wort „Berlusconi“ im Titel der Pressemitteilung am Ende nicht mehr vorkam. Lediglich zu den „Ereignissen im Plenum“ mochte sich der Deutsche Hans-Gert Pöttering im Namen der Europäischen Volkspartei (EVP) noch äußern. Eine Entschuldigung verlangte er nicht etwa vom italienischen Ministerpräsidenten, sondern vom sozialdemokratischen Europaabgeordneten Martin Schulz. „In unannehmbarer Weise“ habe Schulz „den italienischen Ministerpräsidenten und das italienische Volk“ angegriffen. Berlusconi habe darauf nur „geantwortet“, wenn auch „unangemessen“. Aber das habe er ja im Anschluss „bedauert“.

Am Vortag hatte sich der CDU-Europaparlamentarier Elmar Brok noch deutlich kritischer zu Berlusconi geäußert. Dessen Äußerung sei „inakzeptabel“, sagte Brok in einem Rundfunkinterview. Bei den Beratungen der Europäischen Volkspartei (EVP) verlief der Riss nach Angaben aus Parlamentskreisen zwischen der deutschen und der italienischen Gruppe. Die 53 deutschen Abgeordneten wünschten demnach, dass sich Berlusconi bei Schulz entschuldige. Dagegen hielten die 35 italienischen Fraktionskollegen von Forza Italia ihrem Regierungschef und Parteivorsitzenden die Treue. „Einige Abgeordnete wollen eine Entschuldigung von Schulz, andere von Berlusconi“, sagte die Sprecherin des liberalen Parlamentspräsidenten Pat Cox.

Der Ire erhielt gestern vom Präsidium den schwammigen Auftrag, sich um eine Beilegung der Krise zu bemühen – das war die Sprachregelung, auf die sich die Vertreter aller Fraktionen einigen konnten. Cox kündigte daraufhin an, er werde Kontakt zu Berlusconi aufnehmen. Er setze auf die „Weisheit und die Fähigkeit der EU-Institutionen“, um den Vorfall beizulegen. Ob er von Berlusconi eine formelle Entschuldigung verlangen will, ließ Cox auftragsgemäß offen.

Außerhalb des Straßburger Parlaments äußerten sich allerdings auch konservative Politiker weit kritischer zu Berlusconi. So erklärte der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, er sei „schockiert“ über den Auftritt seines italienischen Amtskollegen. „Solche Äußerungen sind inakzeptabel unter Demokraten und verraten einen Mangel an Verständnis für die Befindlichkeiten der Parlamentarier in Europa.“ Der deutsche Kanzler Gerhard Schröder (SPD) sei völlig im Recht, eine formelle Entschuldigung Berlusconis zu verlangen. Junckers Christlich-Soziale Volkspartei (CSV) gehört wie Berlusconis Forza Italia zur EVP-Fraktion. RAB