Handwerkszentrum als Öko-Oase

Das Paul-Schnitker-Haus in Münster wirbt für ökologisches und Energie schonendes Bauen. Die Münstersche Handwerkskammer schult dort Handwerker in Methoden des nachhaltigen Bauens

MÜNSTER taz ■ Fritz Brickwedde ist von dem Zentrum überzeugt: “Den Handwerksbetrieben vor Ort kommen Schlüsselpositionen bei der praktischen Ausführung des ökologischen Bauens zu“. Der Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) möchte eine mehr ökologisch orientierte Ausrichtung in der Ausbildung von Fachleuten in der Baubranche voran treiben. Dabei setzt er auf die Wirkung des durch DBU-Mittel geförderten neuen NRW-Demonstrationszentrums Bau und Energie, dem ‚Paul-Schnitker-Haus‘.

Die bundesweit einmalige Einrichtung für Energie sparendes und ökologisches Bauen hat seit Februar 2004 in Münster die Pforten geöffnet: Umweltschutz und Bauhandwerk sollen im neuen Zentrum verzahnt und informativ präsentiert werden. Träger des sechs Millionen Euro teuren Demonstrationsbau ist die lokale Handwerkskammer.

Handwerker, Ingenieure, Architekten und Bauinteressenten sollen hier mit Kursen, Vorführungen, Qualifikationen und Informationen ein multimediales und praxisorientiertes Lehrforum geboten bekommen. Besonders das Handwerk soll nach Ansicht der Handwerkskammer in Münster auf innovative und Umwelt entlastende Bautechniken und Materialien aufmerksam gemacht werden. Während der Meisterschule für die Gesellen können ökologische Qualifikationen in speziellen Lehrgängen erworben werden.

“Mit diesem Zentrum wollen wir den Blick aller Baubeteiligten auf neue Bautechniken und Baumaterialien lenken“, sagt Hubertus Kost, Sprecher der Handwerkskammer Münster. Nur so können die Qualitätsstandarts der Energieeinsparungsverordnung für die Errichtung von Häusern erreicht werden. Die im Zentrum gewonnenen Erkenntnisse könnten schon bald in den Lehrgängen und Meisterschulen des Bauhandwerks einfließen. Denn eine engere Verbindung zwischen Handwerk und Wissenschaft soll ebenso gefördert werden.

Handwerkskammer ‚Bundesstiftung Umwelt‘ und die Zentrumsleitung erhoffen sich zudem neue Impulse für die mittelständische Bauwirtschaft in NRW. „Wir verzeichnen eine rege Nachfrage von Fachleuten, Firmen und Architekten für Meisterlehrgänge, Führungen und Tagungsangebote“, sagt Ulrich Schlattmann, der Vizechef des Demonstrationszentrums. Mittlerweile arbeiteten rund 160 Menschen in dem Komplex mit Tagungsangeboten und Gastronomie. Erst kürzlich ist das seit 2001 bei der Handwerkskammer Münster angesiedelte ‚Kompetenzzentrum Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen‘ in den innovativen Bau umgezogen. Mehrere spezialisierte Ingenieurbüros und das Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Stuttgart waren an der Planung des futuristischen Bauwerks beteiligt. Das Demonstrations- und Informationsforum besteht aus fünf Einzelgebäuden und einem großen, gläsernem Forum. So soll der Neubau auch als ökologisches Vorbild dienen: Alle Einzelgebäude sind hauptsächlich aus nachwachsenden Rohstoffen konstruiert. In jeder Abteilung demonstrieren Fachleute an Modellen die Möglichkeiten des energiesparenden und ökologischen Handwerks. Alle Gebäudemessdaten zu Temperaturen, Energieverbrauch, Materialverhalten und Feuchtigkeit laufen zusammen und können im Forum und im Internet abgerufen werden.

DBU-Generalsekretär Fritz Brickwedde hofft auf einen langfristigen Einfluss auf das Bauhandwerk: „Es sind Handwerker, die Bauherren bei Planung und Gestaltung von umweltfreundlichen Techniken überzeugen können.“ Dort lägen die Entscheidungen, ob an den Hochschulen erforschte Ergebnisse in die Praxis getragen werde. Brickwedde ist sich sicher: „Denn Handwerk entscheidet, ob Wissen konkret umgesetzt wird.“ SALVIO INCORVAIA