Nächtliches Aufwärmen für den Job

Musik, Tanz und unheimlicher Frohsinn morgens um sechs: Über tausend Kölnerinnen und Kölner zelebrieren bei Kaffee statt Kölsch die erste „Before-Job-Party im Cinedom

Köln taz ■ Die Wette hat SAT 1 verloren. Der Sender hatte behauptet, nie im Leben würden sich 500 Kölnerinnen und Kölner finden, die morgens um sechs vor der Arbeit Lust auf Party hätten. Hatten dann aber sogar 1.162 Besucher der „Before-Job-Party“, die am Tag vor Himmelfahrt von sechs bis neun Uhr morgens im Cinedom im Mediapark stattfand. Veranstaltet hatte das erste Event dieser Art Radio Köln, dessen stellvertretender Chefredakteur, Klaus Huber, von der Resonanz überrascht war: „Obwohl man ja weiß, dass Kölner gerne feiern, hatten wir mit so vielen Leuten nicht gerechnet“, so Huber. „Aber da sieht man mal wieder: Auf die Kölner ist Verlass.“

Auf Daria (25) und Kevin (27) etwa. Sie sind an diesem Morgen als erste gekommen und stehen gerade mit dem kostenlosen Kaffee und einem Muffin in der Hand an einem Bistrotisch. Die beiden kaufmännischen Angestellten finden die Party „einfach nur klasse“, freuen sich über ihre Gleitzeit in der Firma, und während der DJ das Lied „I just wanna be close to you“ spielt, wippt Daria auf ihren Füßen hin und her, singt mit und strahlt über beide Ohren.

Neben ihnen tanzen Andrea (21) und Peter (24) eng umschlungen und signalisieren: Bitte nicht stören. Die 52-jährige Friseurin Hildegard und ihre Kollegin Marita (42) sind dagegen offen und ausgelassen. Beide solariumbraun gebrannt, die Haare blond gefärbt, behangen mit silbernen Ketten und Ringen, haben den Spaß ihres Lebens. „Mer san kölsche Mädsche, Radio Köln ist unser Sender und mer halte Köln de Stange“, sagt Hildegard. Tanzen wollen sie gleich auch noch. Und nächstes Mal sind sie wieder mit dabei. „Klar, da simmer dabei!“

Ob Miriam nächstes Mal auch wiederkommt, ist wohl eher unwahrscheinlich. Hätte sie nicht zusammen mit ihrer Freundin sowieso die Nacht durchgemacht, wäre sie auch nicht hier. „Viel zu früh.“ Jetzt steht die 19-Jährige allerdings noch in ihren weiten Jeans und dem engen, bauchfreien Top vor dem Lautsprecher und lässt zu einem Lied von Jennifer Lopez die Hüften kreisen. Heute hat sie frei. Morgen muss sie wieder „Bürokram machen“.

Es ist inzwischen halb acht, Andrea und Peter tanzen zu einer langsamen Ballade immer noch eng umschlungen, Heike Wolff von Radio Köln findet die Stimmung „einfach großartig“, und das gerade eingetroffene Fernsehteam von SAT 1, das die Party dokumentieren soll, hält die Kamera voll auf den Hintern von Miriam.

„Wir überlegen schon, ob wir die Party wiederholen sollen“, sagt Radio-Köln-Redakteur Huber. „Schließlich kommt es ja wirklich gut an.“ Die 1.162 Kölner, die gerade im Chor „Viva Colonia“ brüllen, bevor sie den Weg zur Arbeit antreten müssen, wären sicher begeistert.Anne Hansen