h.g.hollein
: Echt wahr

Die Frau, mit der ich lebe, schickt sich immer mal wieder an, meinen kreativen Zugriff auf die Wirklichkeit zu unterlaufen. Sie nennt das „ein paar Dinge richtig stellen“. Ich nenne das kleinliches Bekritteln. Gut, ich neige bisweilen dazu, Auskünfte zu erteilen, deren Verwurzelung im Faktischen nicht immer gegeben ist. Und es war sicher ein bisschen verantwortungslos, als ich neulich eine Dreizehnjährige auf die Frage nach Bertha von Suttner beschied, das sei eine berühmte Frauenrechtlerin gewesen, deren Motto „Die Mieder nieder!“ ihrer Zeit Furore gemacht hätte, zumal die Fragerin damit am nächsten Tag in den Geschichtsunterricht wandern sollte. Andererseits: Nur aus Fehlern lernt man, resp. frau. Auch gefiel der Gefährtin nicht, dass ich im Urlaub einer Tischnachbarin in einem französischen Bistro eröffnete, ich sei daheim ein berühmter, reicher Fernsehproduzent und auf der Suche nach neuen Talenten. Am meisten störte die Gefährtin, dass ich dieses Gespräch begonnen hatte, bevor sie dazukam. Wie gesagt, ich finde die Gefährtin bisweilen ein wenig kleinlich. Aber sie beharrt nun mal darauf, mir den habituellen Lügenbold austreiben zu wollen. So verbringt sie denn auch einen nicht ungeringen Teil ihrer Tage damit, Freunden und Bekannten gegenüber den Inhalt dieser Spalte aufs Erbittertste zu dementieren. Soll sie immerhin. Schließlich ist man als Autor einer Zeitung der Wahrheit verpflichtet. Nur haben es Pflichten so an sich, dass man sich bisweilen vor ihnen drückt. Trotzdem, ich habe der Gefährtin versprochen, dass ich‘s nie wieder tun will.