Überraschung: Scherf wiedergewählt

Sie stehen wieder fest hinter ihm: Der Präsident des Senats wurde mit fast allen Stimmen der Großen Koalition wiedergewählt. Bemerkenswert viele Gegenstimmen gab’s dagegen für Finanzsenator Ulrich Nußbaum

taz ■ Einen einzigen Spielverderber gab es dann doch: 67 von 82 Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft stimmten gestern in geheimer Wahl für Henning Scherf. Da die Große Koalition über 69 Sitze verfügt und eine SPD-Abgeordnete fehlte, erhielt der alte und neue Bürgermeister also mindestens eine Gegenstimme aus den eigenen Reihen. Doch sei’s drum: Der Jurist ist zum dritten und letzten Mal zum Bremer Regierungschef gewählt worden – irgendwann im Lauf der Legislaturperiode wolle er sein Amt abgeben, sagte er gestern. Auf einen konkreten Zeitpunkt wollte sich Scherf aber noch nicht festlegen.

Der Wahl vorausgegangen war eine hitzige Debatte. „Die Große Koalition würde es ohne Sie gar nicht mehr geben“, hatte die Grüne Karoline Linnert Scherf vorgehalten. Der habe das Regierungsbündnis „mit regelmäßigen Rücktrittsdrohungen erpresst“. Auch den neuen Finanzsenator Ulrich Nußbaum ging Linnert hart an: Es sei Staatskanzleichef Reinhard Hoffmann gewiss recht, „dass das Finanzressort schwach besetzt ist und aus dem Rathaus gesteuert werden“ könne. Darüber, dass mit Karin Röpke nur noch eine Frau im Senat sitzt, lästerte Linnert, dass sich die starken Frauen „heutzutage eben im Hintergrund“ hielten: „Die achten auf Teint und Frisur und ruinieren sich nicht in unfruchtbaren Sitzungen.“

Linnerts Rede sei „zum Teil unterste Schublade“ gewesen, keilte SPD-Fraktionschef Jens Böhrsen zurück. Die Grünen seien offenbar „ein Stück weit beleidigt, dass ihre Blütenträume nicht in Erfüllung gegangen sind“. Dass nur noch eine Frau im Senat sei, sei „ohne Zweifel ein Verlust“. Aber „die Frauenpolitik“ werde darunter nicht leiden, die sei bei Röpke in besten Händen.

Auch CDU-Fraktionschef Jörg Kastendiek war über den „starken Tobak“ der Linnert-Rede verschnupft: „Der Stachel muss bei Ihnen schon tief sitzen, dass ihr erfolgloses Liebesmühen, in eine Regierung einzutreten, keinen Erfolg hatte.“

Bei der Wahl der Senatoren gab es einen Dämpfer für Nußbaum: Der parteilose Finanzsenator erhielt lediglich 54 der 82 Stimmen und erzielte damit das schlechteste Ergebnis aller Senatoren. Auch die CDU-Senatoren Jens Eckhoff (58 Stimmen), Thomas Röwekamp (59) und Hartmut Perschau (60) bekamen zahlreiche Gegenstimmen aus den Reihen der Großen Koalition. Besser schnitten die Sozialdemokraten ab: Röpke erhielt 63 und Willi Lemke 67 Stimmen.

Unmittelbar nach seiner Wahl ernannte der Senat Henning Lühr zum neuen Finanzstaatsrat und Elisabeth Motschmann erneut zur Staatsrätin beim Senator für Kultur. jox