Ein Schiff für Kinder

Auf dem Isebekkanal liegt das Hoheluftschiff, hellblau und rot angemalt. Seit 30 Jahren wird hier Kindertheater von Kindern gespielt, jedes Wochenende gibt es zwei Vorstellungen. Das Theaterspielen gebe Selbstvertrauen, sagt Theaterfrau Silke Busse

VON LISA STAMM

Im Moment sieht es ein wenig trostlos aus hier am Isebekkanal, die Bäume verdecken die Sicht und lassen ihre Äste in den trüben angefrorenen Kanal hängen, auf dem eine vergessene Silvesterrakete liegt. Hellblau blitzt ein Schiff unter den Zweigen hervor, groß ist es und die aufgemalten Kinder in den Bullaugen wirken fehl am Platz in dieser grauen Winterwelt zwischen Gestrüpp, Müll und netten Obdachlosen.

Das Hoheluftschiff liegt nahe der U-Bahnstation Hoheluftbrücke auf dem Isebekkanal. Früher war das Schiff mal eine Getreideschute, transportierte Getreide, heutzutage transportiert das Schiff Kinder- und Jugendkultur. Es ist ein Theater. Ein Kindertheater.

Zwei rotblaue breite Gangways führen zum Schiff, eine hellblaue Tür steht allein mitten auf der Mitte der Brücke, wie eine Wolkentür in eine andere Welt, offen. Auf diesem Theaterschiff, das nach Zirkus aussieht, sind zwei lustige Häuschen, das Garderobenhäuschen und das Kassenhäuschen, die führen in den Bauch des Schiffes, dort ist die Bühne und der Probenraum des Hoheluftschiffes.

Die Bühne ist tiefschwarz und scheint die Gruppe 9- bis 11-jähriger Kinder zu verschlucken, die sich gegenseitig anschreien: „Nein!“, schreien sie. Ein wenig gefährlicher als die gemalten Kinder in den Bullaugen sehen sie schon aus, aber Silke Busse, die Zuständige für die „Theaterschule Zeppelin“ sagt, das gehöre zum Aufwärmen dazu. „Hier haben die Kinder das Sagen“, erklärt sie.

Eigentlich besteht dieses Theaterschiff nur aus Spenden. Der Vorhang kommt von einem zugemachten Berliner Theater, die Fenster kommen von HVV-Bussen, doch sind die einzelnen Bestandteile liebevoll zusammengefügt und alles wurde hellblau gestrichen.

Die Getreideschute hat Stephanie Grau, die Leiterin des Vereins Theaterzeppelin, von einem ehemaligen Hafenarbeiter geschenkt bekommen, Robert Enkelmann. Der kam mit seinen Helfern an und dem „Freundeskreis“ des Theater Zeppelin und baute das Schiff aus. Damit erfüllte sich der Traum von einer eigenen schwimmenden Bühne, das war im Jahr 2004.

100 Veranstaltungen pro Jahr spielen sich im Bauch des Schiffes ab. Jedes Wochenende gibt es zwei Aufführungen, darunter 80 Theaterstücke aus eigener Produktion, von einem der 17 Ensembles des Theaters Zeppelin. Die 20 anderen Aufführungen kommen von umliegenden Theatern oder von jungen Hamburger Künstlern, darunter auch Kindern, die im Theaterschiff ihre persönliche Kunst präsentieren dürfen. Ein Austausch mit afrikanischen Gästen wird angestrebt.

Das Schiff erinnert an Straßenfeste, an Kindergeburtstage im Sommer, in der Wärme des Abends. Heute frieren wir ein bisschen, es ist kühl, den Kindern ist aber nicht kalt. Sie haben sich ja schon warm gemacht, aufrechter Gang, Selbstbewusstsein und eben „Nein!“-Schreien geübt. Eine andere Gruppe probt gerade ein Theaterstück, es ist noch nicht ganz ausgearbeitet, aber das gehört zum Konzept: die Kinder sind in die Umsetzung einbezogen.

Das Schiff darf 99 Zuschauer tragen. Zwar fährt es nicht mehr den Kanal auf und ab, aber es liegt doch im Wasser, also muss die „Getreideschute FB 11“ alias „Hoheluftschiff“ regelmäßig geprüft werden. Bis 2011 ist es freigestellt, dann kommt ein neuer Test, ob das Schiff weiter fahrtüchtig ist, bereit Kinder in ferne Welten zu fahren.

Und nicht nur Kinder: Auch Jugendliche setzen sich mit Themen auseinander, die sie interessieren, und welches Stück wäre da geeigneter als „Romeo und Julia“. Die Jugendlichen lernen Ängste abzulegen, das schafft Selbstvertrauen und natürlich auch Stolz, wenn das Stück erfolgreich aufgeführt wird.

In diesem Jahr schwimmt das Theater Zeppelin schon 30 Jahre durch die Theaterwelt. Zu diesem Jubiläum gibt es ein besonders großes Fest mit der Premiere von „Momo“, für die junge Talente noch gesucht werden. Also: Schiff ahoi!

nächste Vorstellungen: Sa 17. Januar, 19 Uhr: „Die „Grüne Zukunft“, ab 8 Jahre; Sonntag, 18. Januar, 11 Uhr: „Spatz Fritz“, ab 4 Jahre; 18 Uhr „Die Welle“, ab 14 Jahre