Der Acker als Energiefeld

Zum zweiten Mal findet mit der Nature.Tec im Rahmen der Grünen Woche eine Fachschau für Bioenergie und nachwachsende Rohstoffe statt. Folgen für Umwelt und Ernährung sind umstritten

VON VOLKER ENGELS

Der Acker dient schon lange nicht mehr allein als Nährboden für Tomate, Kohl und Spargel. Zunehmend werden Energiepflanzen wie Mais, Weizen oder Raps angebaut, die zu Biosprit oder Biogas verarbeitet werden. Um den Rohstoff Holz buhlt die Möbel- oder Zellstoffindustrie inzwischen mit Pellet- oder Brennstofffabriken. Auch die Grüne Woche in Berlin trägt dieser Entwicklung Rechnung: Zum zweiten Mal findet mit der Nature.Tec im Rahmen der Messe eine Fachschau für Bioenergie und nachwachsende Rohstoffe in der Hauptstadt statt.

Träger der Fachschau sind neben der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) und dem Bundesverband Bioenergie (BBE) unter anderem auch das Institut für Wirtschaftliche Ölheizung (IWO), hinter dem die Deutsche Mineralölwirtschaft und der Mineralölgroßhandel stehen. „Bei dieser Leistungsschau geht es vor allem darum, mit der Öffentlichkeit in einen Dialog zu treten, sagt Thomas Siegmund vom BBE. Denn nachwachsende Rohstoffe hätten inzwischen „die Nische verlassen“ und seien „ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt“. Ein tägliches Bühnenprogramm bietet den Rahmen für Vorträge oder Talkrunden, in denen zum Beispiel das Thema „Nachhaltige Produktion von Biomasse“ diskutiert wird. Aufklären heißt die Devise, denn in der Vergangenheit seien die Diskussionen um Biokraftstoffe „sehr emotional geführt worden“, so Projektleiter Siegmund.

Dass nachwachsende Rohstoffe nicht nur für die Energiegewinnung genutzt werden, will die FNR an ihrem Stand zeigen: „Mit pflanzlichen Ölen oder Duftstoffen lassen sich Seifen herstellen – das können Besucher gleich vor Ort ausprobieren“, sagt FNR-Sprecher Torsten Gabriel.

Auch wer sich für den Brennstoff Holzpellets interessiert, kommt auf seine Kosten: Vor Ort werden mit einer Presse aus Sägemehl Pellets hergestellt, die inzwischen für rund 100.000 Öfen und Kessel in Deutschland als Brennstoff dienen.

Die zunehmende Bedeutung nachwachsender Rohstoffe – also land- und forstwirtschaftlich erzeugter Produkte, die nicht als Nahrungs- oder Futtermittel dienen, sondern zum Beispiel zur Erzeugung von Wärme oder Kraftstoffen genutzt werden – beweisen Zahlen der FNR: In Deutschland wurden im Jahr 2008 auf über 2 Millionen Hektar oder 17 Prozent der Ackerfläche nachwachsende Rohstoffe überwiegend für die energetische Nutzung angebaut. Zusätzlich liefern 11,1 Millionen Hektar Wald Holz für die Industrie und die Energieversorgung. Die FNR verweist auf Studien, nach denen langfristig auf bis zu 5 Millionen Hektar Ackerflächen Energiepflanzen angebaut werden können, ohne die Nahrungsmittelproduktion einzuschränken.

Schon heute arbeiten fast 100.000 Menschen im Bioenergiesektor, der Umsatz liegt bei mehr als 10 Milliarden Euro. Für das Jahr 2030 prognostiziert der BBE eine Verdopplung der Zahl der Arbeitsplätze.

Auch wenn diese Zahlen unter wirtschaftlichen Aspekten aufhorchen lassen: Die Kritik am Energieträger nachwachsende Rohstoffe wächst: Peter Wohlleben, Autor des Buchs „Holzrausch“, warnt vor den negativen Folgen ungehemmten Holzabbaus: „Der Wald leidet schon heute unter dem Einsatz schwerer Maschinen, die Wurzeln entfernen und den Boden zusammendrücken.“ Die Folge: Wertvoller Humus mit seinen Nährstoffen werde weggeschwemmt, der Waldboden könne das Regenwasser nicht mehr speichern. Pellets, die aus Restholz hergestellt werden, seien zwar besser als Rohöl, „am sinnvollsten ist es aber, die riesigen Energiesparpotenziale zu nutzen“.

Endes vergangenen Jahres hatte auch der Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen (WBGU), der die Bundesregierung in Klima- und Umweltfragen berät, gemahnt, Energie aus Pflanzen dürfe nicht zu Lasten der Nahrungsmittelproduktion oder der Umwelt gehen. Die Wissenschaftler fordern eine nachhaltige Produktion und Mindeststandards für Bioenergie, die neben sozialen auch ökologische Vorgaben erfüllt. Ein Thema, das auch auf der Nature.Tec zur Sprache kommen wird: „Diese Diskussionen müssen wir führen“, so Gabriel.

Wer der vielen theoretischen Diskussionen über das Für und Wider der Bioenergie überdrüssig ist, findet auf der Nature.Tec auch etwas fürs Auge. Musiker Smudo, vor Kurzem noch unermüdlich im Einsatz für den Weiterbetrieb des Berliner Flughafens Tempelhof, stellt seine Rennversion eines Mustang GT vor. Der hat eine Karosserie aus Biofaserbauteilen und wird mit Biodiesel betrieben, der den Sportwagen mit 260 PS in fünf Sekunden auf 100 Stundenkilometer beschleunigt. Landet der Wagen im Straßengraben, lässt er sich wahrscheinlich recht einfach entsorgen: in der Biotonne.

www.naturetec-igw.de