Bei Finanzloch billiger

Bundesgerichtshof erleichtert klammen Städten und Gemeinden Ausstieg aus teuren Bauprojekten

Karlsruhe/Wedel dpa/lno ■ Städte und Gemeinden können sich künftig leichter von teuren Bauprojekten lösen, wenn sich ihre finanzielle Situation drastisch verschlechtert hat. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) gestern urteilte, können beispielsweise weggebrochene Steuereinnahmen ein „wichtiger Grund“ zum Ausstieg aus den Verpflichtungen sein, die eine Kommune gegenüber dem Sieger eines Architektenwettbewerbs hat. Hat sich eine Kommune mit einer Klausel den Ausstieg vorbehalten, dann darf sie sich – obwohl eigentlich der Wettbewerbssieger zum Zug kommen müsste – für eine billigere Variante entscheiden.

Damit gab der BGH der Stadt Wedel (Kreis Pinneberg) Recht. Die Kommune hatte Anfang der 90er Jahre den Bau einer ursprünglich mit 7,67 Millionen Euro veranschlagten Gesamtschule ausgeschrieben. Der Gewinner des Wettbewerbs, ein Architektenbüro, wurde mit der Vorplanung betraut und sollte nach den Ausschreibungsbedingungen auch den Realisierungsauftrag bekommen. Nachdem die Gewerbesteuereinnahmen 1993 gegenüber dem Vorjahr um 6,14 Millionen Euro zurückgegangen waren und Umplanungen nicht den gewünschten Spareffekt brachten, entschied man sich für den eingeschossigen Alternativentwurf des städtischen Bauamts, der 715.800 Euro billiger war. Daraufhin klagten die Architekten auf entgangenen Gewinn.

Nach den Worten der Richter gilt die gegenüber dem Preisträger bestehende Verpflichtung nur für den Regelfall. Kommunen dürften aber aus wirtschaftlichen Gründen von dieser Zusage abrücken. Nach Auskunft der nordrhein-westfälischen Architektenkammer sind solche Ausstiegsklauseln in den Verträgen zahlreicher Städte und Gemeinden gängige Praxis. Der BGH verwies den Fall an das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht zurück, das nun weitere Einzelheiten klären muss.

Aktenzeichen: III ZR 433/02 vom 27. Mai 2004, www.bundesgerichtshof.de.